Nein sagen lernen: Wie es dein Leben besser macht

von | Stand: 20. Aug 2023

Eine der vielleicht wichtigsten Voraussetzungen für ein glückliches Leben – „Nein!“ sagen zu können.

30-Sekunden-Zusammenfassung

  • Wenn du „nein” sagen lernst, stehst du für deine eigenen Bedürfnisse, Interessen und Wünsche ein.
  • Häufig bedeutet ein “Nein” zu anderen, dass du “ja” zu dir selbst sagst – der Schlüssel für ein freies, glückliches und selbstimmtes Leben.
  • Mögliche Ursachen dafür, dass wir manchmal schwer “nein” sagen können: Geringer Selbstwert, sozialer Druck, Selbstsabotage oder mangelndes Zeitmanagement.
  • Wenn du in den richtigen Situationen “nein” sagst, bleiben deine Energie-Akkus immer im grünen Bereich.
  • Unten im Beitrag findest du einen kostenlosen Selbsttest: “Kann ich gut nein sagen?“

Dass viele Menschen oft “ja” sagen, wenn sie eigentlich “nein” meinen, ist unter anderem auf

  • die Erziehung,
  • ein geringes Selbstwertgefühl,
  • mangelndes Zeitmanagement
  • und die Angst vor Ablehnung

zurückzuführen.

Das Phänomen, dass es Menschen schwer fällt, Grenzen zu setzen, tritt sowohl im Privaten als auch im Beruflichen auf.

Viele Menschen haben Probleme damit,

  • Einladungen von Freunden abzulehnen,
  • einen Gefallen abzuschlagen,
  • eine Aufgabe im Job abzulehnen.

In der Theorie klingt “nein” sagen gar nicht schwer – die Praxis sieht aber etwas anders aus.

Nachdem du diesen Beitrag gelesen hast, verstehst du, warum ein wohlplatziertes “nein” fester Bestandteil deines Wortschatzes sein sollte.

Warum fällt es uns so schwer, nein zu sagen?

Woran liegt es, dass Menschen für einen Gefallen über die eigenen Grenzen hinweg gehen – und nicht „nein“ sagen, um die eigenen Bedürfnisse zu wahren?

Angst vor Zurückweisung

Je mehr Angst vor Ablehnung du hast, desto schwerer wird dir ein “Nein” fallen.

Womölich fragst du dich:

  • „Wird die Person mich immer noch mögen, wenn ich ’nein‘ sage?“
  • „Welche Konsequenzen hat eine Absage?“

Studien zeigen: Menschen mit einem geringen Selbstwertgefühl haben häufiger eine vergleichsweise große Angst vor sozialer Ablehnung.

Wer also infolge eines eher geringen Selbstbewusstseins eine ausgeprägte Angst vor Zurückweisung hat, möchte potenzielle Konflikte eher vermeiden.

In den richtigen Situationen „Nein“ sagen zu können, birgt jedoch Konfliktpotenzial. Aus diesem Grund fällt es Menschen, die Angst vor Zurückweisung haben, schwerer, in entsprechenden Situationen „nein“ zu sagen.

Geringes Selbstbewusstsein

Studien zeigen: Personen mit einem niedrigen Selbstbewusstsein tendieren dazu, die Bedürfnisse anderer über ihre eigenen zu stellen.

Wenn du ein niedriges Selbstwertgefühl hast, wird es dir also schwerer fallen, “nein” zu sagen.

Menschen mit ausgeprägtem Selbstbewusstsein und einer gesunden Selbstliebe hingegen, stellen in den passenden Momenten das eigene Bedürfnis über das Bedürfnis einer anderen Person.

Höflichkeit

Höflichkeit ist eine gesellschaftliche Konvention. Wir lernen von klein an, uns anzupassen und „höflich“ zu sein.

Vor allem Frauen werden in vielen Fällen dazu erzogen,

  • zuvorkommend,
  • liebevoll,
  • nett,
  • und charmant

zu sein.

Dass es wichtig ist, in den richtigen Situationen auch mal „nein“ sagen zu können, wurde lange Zeit kaum vermittelt.

Das ist ein Grund dafür, warum der folgende Glaubenssatz bei vielen Menschen so präsent ist: „Ich bin nur liebenswürdig, wenn ich mich anpasse und hilfsbereit bin.“

Es braucht oftmals Zeit und Übung, um diese Rolle abzulegen und zu erkennen, dass man nicht immer „ja“ sagen muss.

Mangelndes Zeitmanagement

Du halst dir zu viel Arbeit und Verpflichtungen auf und am Ende des Tages ist die To-Do Liste noch nicht geschafft?

Fakt ist: Ein Tag hat nur 24 Stunden. Diese Zeit für dich sinnvoll zu strukturieren und dabei den Überblick zu behalten, nennt man Zeitmanagement.

Bei mangelndem Zeitmanagement wird es dir schwerer fallen, “nein” zu sagen. Denn oft kannst du nicht realistisch abschätzen, was in deinen Zeitplan passt – du verkalkulierst dich. 

Mangelnder gesunder Egoismus

Menschen wird oft vorgeworfen, zu egoistisch zu sein, wenn sie anderen eine Absage erteilen, um ihren eigenen Bedürfnissen nachgehen können.

Egoismus ist nicht per se negativ. Mangelnder gesunder Egoismus ist jedoch manchmal die Ursache dafür, dass Menschen nicht „nein“ sagen. Sie haben Angst, dass andere sie als egoistisch bezeichnen – und erteilen lieber keine Absagen.

Wichtig: Es gibt auch blinden Egoismus, der mit rücksichtslosem Verhalten einhergeht. Diese Form von Eigensucht oder Ich-Bezogenheit ist nicht der richtige Weg und destruktiv – sowohl für deine Mitmenschen als auch für dich selbst.

Selbstsabotage

Welches Idealbild hast du von dir als Person? Identifizierst du dich mit Eigenschaften wie “liebevoll”, “großzügig” oder “verlässlich”?

Wenn du “nein” sagst, befürchtest du vielleicht, ein:e unzuverlässige:r Freund:in zu sein oder hast die Vorstellung, dass du egoistisch bist. Damit sabotierst du dich selbst. Du untergräbst unbewusst deine eigenen Bedürfnisse.

Wer “nein” sagt, ist jedoch nicht automatisch egoistisch – sondern selbstbestimmt und respektvoll den eigenen Grenzen und Bedürfnissen gegenüber.

Wie „nein“ sagen lernen dein Leben verbessert

Indem du in den richtigen Momenten “nein” sagst, sagst du gleichzeitig “ja” zu dir selbst.

Warum nein sagen lernen

Mehr Freiheit

Indem du bewusst Prioritäten setzt und Entscheidungen an deinen eigenen Wünschen, Bedürfnissen und Zielen ausrichtest, übernimmst du Verantwortung.

Damit einher geht ein starkes Gefühl von Selbstbestimmtheit und Freiheit. Du entscheidest dich mit jedem wohlplatzierten “Nein” aktiv für dich und für dein eigenes Glück.

Gleichzeitig löst du dich aus emotionalen Abhängigkeiten von Freunden oder Vorgesetzten. Du wirst merken, dass du dadurch plötzlich viel mehr Entscheidungsfreiheit hast.

Mehr Selbstbewusstsein

Indem du lernst, “nein” zu sagen, stellst du dich an erste Stelle. Das bedeutet natürlich nicht, dass du puren Egoismus lebst und keine Rücksicht nimmst. Es zeigt lediglich, dass du auch deine Bedürfnisse im Blick hast und dich selbst wie einen guten Freund oder eine gute Freundin behandelst.

Das sogenannte Selbstmitgefühl wirkt sich wiederum positiv auf dein Selbstwertgefühl aus. Indem du dich selbst gut behandelst, verbessert sich dein Selbstbewusstsein.

Du überschreibst negative Glaubenssätze wie

  • “Ich darf keinen Gefallen abschlagen, damit ich liebenswürdig bin”

mit positiven Glaubenssätzen wie

  • “Ich sorge für mich und liebe mich selbst”.

Wir haben alle ein bisschen „Ich will die Welt retten“ in uns. Aber es ist okay, wenn du erstmal nur einen Menschen rettest. Und es ist okay, wenn dieser Mensch du selbst bist.

Auch deine Selbstwirksamkeit verbessert sich. Dein Selbstvertrauen wird größer, auch schwierige Zeiten und Herausforderungen meistern zu können. Du lernst, deine Bedürfnisse ernst zu nehmen und entscheidest dich bewusst dafür, diese zu erfüllen.

Mehr Energie

Du verschwendest deine Energie nicht mehr damit, endlos im Gedankenkarussell zu grübeln, wie du eine Bitte abschlagen kannst. Indem du in den richtigen Situationen „nein“ sagst, schützt du deine emotionalen Akkus.

Auch deine Gefühle bestimmst du selbstbewusster durch eine klare Entscheidung für dich selbst: Schluss mit Angst vor Ablehnung oder Gewissensbissen und Schuldgefühlen.

Mehr Gesundheit

Dein Stresslevel sinkt und du wirst gelassener, wenn Du in Harmonie mit deinen eigenen Wünschen lebst. Das setzt früher oder später auch voraus, in den richtigen Situationen „nein“ sagen zu können – zu Freunden, Familie, Vorgesetzten, Partnern oder Kindern.

Aus der Gesundheitsforschung wissen wir, dass sich ein reduziertes Stresslevel positiv auf deine körperliche Gesundheit auswirkt. Indem du lernst, „nein“ zu sagen, tust du letztlich sogar deinem Körper etwas Gutes.

Ein Beispiel: Vielleicht gibt es in deinem Umfeld echte Energieräuber, die dir den letzten Nerv rauben. Es ist wichtig, dass du für dich einen Weg findest, um mit diesen negativen Menschen umzugehen.

Absagen erteilen zu können, ist deshalb eine Art Selbstschutz.

Was feststeht:

  • Stress ist auf Dauer nicht gesund.
  • Menschen können besser für andere da sein, wenn sie sich ausreichend um sich selbst kümmern.

Merksatz: Du bist der Pilot oder die Pilotin deines Lebens. Und wenn es in einem Flugzeug zum Druckabfall kommt, versorgst du erst dich mit Sauerstoff, um anschließend anderen helfen zu können.

9 Tipps, wie du “nein” sagen kannst

Wer in den richtigen Situationen und Phasen „nein“ sagen kann, lebt selbstbestimmter, achtet auf eigene Bedürfnisse – und schont die emotionalen Akkus.

Die Praxis-Tipps helfen dir dabei, „nein“ als festen Bestandteil deines Lebens zu begreifen. Merke dir die folgenden Strategien, um sie im Alltag anwenden zu können.

Höre auf dein Bauchgefühl

Du möchtest einen Wunsch eines anderen Menschen eigentlich ausschlagen und “nein” sagen, weil ein “Ja” gegen dein Bedürfnis geht? Dann nimm dieses Gefühl ernst.

Indem du die Verbindung zu deiner Intuition stärkst, findest du schneller heraus, ob ein “Ja” oder “Nein” in einer bestimmten Situation eher deinen Bedürfnissen entspricht.

Wichtig: Um auf das Bauchgefühl zu hören, bedarf es keiner “übernatürlichen Energie” oder ähnlicher Esoterik – vielen Menschen fällt es schlichtweg schwer, die eigenen Emotionen richtig zu deuten und vorhandene Gefühle einzuordnen.

Du verbindest dich mit deiner Intuition, indem du dein Körperbewusstsein erweiterst. Dafür legst du deine Wahrnehmung vor allem auf deine inneren Körperempfindungen, wenn du eine Entscheidung triffst.

Stelle dir dazu einmal die Frage, wie sich dein Körper anfühlt, wenn du innerlich die Antwort „ja“ oder „nein“ zu einer bestimmten Frage aussprichst?

Wenn du innerlich eine Antwortalternative aussprichst, die nicht stimmig für dich ist, kannst du ein negatives Engegefühl oder eine Anspannung in deinem Körper wahrnehmen.

Mach es dir zur Aufgabe, dich im Alltag bei kleineren Entscheidungen immer wieder mit deiner Intuition beziehungsweise deinen Körperempfindungen und Gefühlen zu verbinden, um in den entsprechenden Situationen „nein“ sagen zu können.

Verschaffe dir Zeit

Jemand kommt mit einer Bitte auf dich zu und hätte gerne “eine schnelle Antwort”. Lass dich nicht unter Druck setzen. Ansonsten läufst du Gefahr, dass du im Affekt “ja” sagst, obwohl du eigentlich “nein” sagen möchtest.

Denke in Ruhe über die Anfrage nach. Kommuniziere deinem Gegenüber, dass du ein wenig Bedenkzeit brauchst. Wenn du kannst: Nenne einen Zeitpunkt, zu dem der Fragende mit deiner Zu- oder Absage rechnen kann.

Indem du dir diese Bedenkzeit einräumst, vermeidest du voreilige Schnellschuss-Entscheidungen, die du vielleicht später bereust.

“Nein” zur Bitte, nicht zum Menschen

Angebote oder Aufforderungen von Menschen abzulehnen, heißt nicht, dass du damit die andere Person als Menschen ablehnst.

Stell dir einmal vor, dass du selbst in der Position des Bittstellers wärst und beispielsweise ein Familienmitglied bittest, am Wochenende auf deine Kinder aufzupassen.

In dem Fall, dass die Person dir absagt, sagt diese nicht “nein” zu dir als Person, sondern einfach nur zu deiner Bitte.

Wenn du diese Perspektive einnehmen kannst und dir bewusst machst, dass dein “Nein” nicht die zwischenmenschliche Beziehung belasten muss, fällt es dir mit Sicherheit leichter, dich in den richtigen Situationen für ein “Nein” zu entscheiden.

Vermeide Rechtfertigungen

Verliere dich nicht in großen Erklärungen für dein “Nein”. Stattdessen: Keep it simple!

Halte dein “Nein” so einfach wie möglich. Dafür solltest du deine deine Formulierungen so klar wie möglich wählen.

Vergegenwärtigen wir uns als Beispiel folgende Situation aus dem Alltag: Du erhältst eine Einladung für ein Picknick am Wochenende, hast aber gar keine Lust.

In jedem Fall ist ein klares, knappes

  • “Ich werde am Samstag nicht kommen”

besser als ein ausschweifendes

  • “Ich kann am Samstag nicht dabei sein, weil ….”.

Lange Erklärungen sind meistens ein Ausdruck von Schuldgefühlen und Gewissensbissen. 

Erinnere dich daran, dass du niemandem eine Erklärung dafür schuldest, dass du Verantwortung für dich selbst übernimmst.

Im Gegenteil: Indem du “nein” zu etwas sagst, bringst du deine Selbstachtung zum Ausdruck – schließlich priorisierst du deine Bedürfnisse.

Informiere dich

Um nicht aus einem Impuls heraus zu handeln, kannst du zunächst alle Informationen darüber einholen, zu was du dich mit einer Zusage verpflichtest.

Sozialpsychologen stellen das “Informieren” als wichtigen Faktor für selbstbestimmte Entscheidungen heraus.

Informiere dich vor allem darüber, welche Konsequenzen die Annahme oder Ablehnung einer Aufgabe mit sich bringt. Frage genau nach, was von dir in welchem Umfang erwartet wird.

Wenn es zum Beispiel darum geht, ein Ehrenamt zu übernehmen, dann informiere dich genau, wie viele Stunden Arbeit pro Monat insgesamt auf dich zukommen würden.

Mit etwas Bedenkzeit kannst du dann mit kühlem Kopf abwägen, ob die Art und Weise und der Umfang der Aufgabe gerade mit deinen zur Verfügung stehenden Ressourcen (emotional, zeitlich) vereinbar ist.

Wenn dies nicht der Fall ist, darfst du „nein“ sagen.

Entschuldige dich nicht für alles

Fühlst du dich schuldig und hast Gewissensbisse, wenn du ein klares “Nein” aussprichst?

Vielleicht sagt dir dein Gewissen so etwas wie:

  • “Du bist viel zu egoistisch, das denkt dein Gegenüber jetzt auch.“
  • „Niemand wird dich mehr mögen, wenn du absagst!”

Die Wahrheit ist: Du bist dem Leben nichts schuldig und darfst glücklich sein. Das bedeutet natürlich nicht, dass du grenzenlosen Egoismus und ohne Rücksicht auf deine Mitmenschen leben sollst.

Notorische Ja-Sager haben allerdings eher Probleme damit, dass sie sich ständig bei anderen entschuldigen – statt sich selbst dafür zu vergeben, dass sie nicht immer allen Menschen helfen können.

Du musst dich nicht schuldig fühlen, wenn du nicht jedem gerecht werden kannst. Das “glücklich” sein geht viel besser, wenn du dich nicht mit unnötigen Gewissensbissen herumplagst.

Vermeide Lügen

Wenn du wirklich selbstbestimmt leben möchtest – verzichte auf die Notlüge.

Sage entweder die Wahrheit oder führe überhaupt keine Begründung an. Du schuldest niemandem eine Erklärung dafür, dass du dein Bedürfnis schützt.

Ein weiterer Nachteil von Notlügen: Womöglich verstrickst du dich in Widersprüchen, was die Situation unnötig verkompliziert.

Kommuniziere klar deine Bedürfnisse, dann kommst du ohne Lügen aus.

Vorsicht bei Kompromissen

Oftmals sind Kompromisse eine klassische Lose-Lose Situation, bei der beide Seiten verlieren. Denn: Beide Parteien erfüllen ihre Bedürfnisse nicht zufriedenstellend.

Natürlich gibt es auch Situationen, in denen der kompromissbereite Mittelweg genau richtig ist. Wenn du unter dem Kompromiss allerdings „leidest“ oder emotionalen Schaden nimmst, ist der Zeitpunkt gekommen, um „nein“ zu sagen.

So übernimmst du Verantwortung für dich und dein Glück.

Achte auf deine Körpersprache

Wie kannst du dein “Nein” noch klarer und selbstbewusster sagen?

Ein wichtiger Faktor ist deine Körpersprache.

Wenn du „nein“ sagst: Nimm eine aufrechte Körperhaltung ein, und wähle den direkten Augenkontakt. Gehe eher einen Schritt auf die andere Person zu, als auf Distanz zu gehen oder dich abzuwenden.

Sieh davon ab, deine Stirn unsicher in Falten zu legen oder deine Augenbrauen fragend nach oben zu ziehen, während du dein “Nein” formulierst.

Wichtig: Halte deinen Gesichtsausdruck neutral. Das bedeutet auch, dass du nicht aus Höflichkeit oder Unsicherheit lächeln solltest. Denn damit transportierst du körpersprachlich eher ein “Ja” als ein “Nein”.

Die Beherrschung deiner Körpersprache ist eine Fähigkeit, die du bewusst trainieren kannst – zum Beispiel vor dem Spiegel.

Übungen: „Nein” sagen lernen

Die nächsten wertvollen Praxis-Übungen helfen dir dabei, in den richtigen Momenten “nein” zu sagen.

Ziele für kommende Woche

Wenn Dich jemand bittet, etwas zu tun – überlege, wie die Bitte deine eigenen Ziele fördern könnte.

Wie passt die Bitte zu deinem gegenwärtigen Fokus in deinem Leben? 

Die Strategie hinter dem Neinsagen ist hier, immer dann “nein” zu sagen, wenn die Bitte nicht im Einklang mit deinen gegenwärtigen Zielen steht. So fokussierst du deine Energie und Hilfsbereitschaft mit einer klaren Entscheidung auf die Lebensbereiche, die du für dich selbst weiterentwickeln möchtest.

Überlege einmal, in welchen Lebensbereichen dein Fokus im Alltag in der nächsten Woche liegen soll. Setze klare Prioritäten. Welche konkreten Ziele verfolgst du in den jeweiligen Bereichen?

Wähle zwei Lebensbereiche aus und formuliere jeweils ein konkretes Ziel für die nächste Woche.

Zeitmanagement 

Oft vernachlässigt der „Ja-Sager“ eigene Bedürfnisse. Er findet sich regelmäßig in Situationen wieder, in denen das Helfersyndrom mit der Achtsamkeit für eigene Bedürfnisse konkurriert.

Mit der folgenden Übung lernst du, “nein” zu sagen – ganz ohne Schuldgefühle.

Nimm dir deinen Kalender zur Hand.

Trage dir jetzt die Zeiten ein, die du dazu eingeplant hast, deine Ressourcen wieder aufzufüllen. Das kann ein Zeitslot zum Yoga machen oder Joggen gehen sein.

Trage all die „Termine mit dir selbst“ ein, die zu kurz kommen, wenn du mal wieder zu oft „ja“ sagst.

Mit dieser Zeitstruktur, wird es dir viel leichter fallen, selbstsicher und klar eine Bitte abzuschlagen, wenn du schwarz auf weiß schon „mit dir selbst“ verabredet bist.

Finde die richtige Formulierung (Beispiele)

Die Unterscheidung von zwei Formulierungen helfen ungemein, „nein“ sagen zu lernen.

  • Das klare “Nein”
  • Das zeitschenkende “Noch nicht”

“Nein”

Ein klares, direktes “Nein” ohne weitere Erklärungen ist dann angebracht, wenn eine Bitte eine eindeutige Grenzen überschreitet.

Zum Beispiel:

  • „Nein. Diese Aufgabe ist nicht Teil der Vertragsbedingungen“ (beruflicher Kontext)
  • „Nein. Das werde ich nicht tun, denn ich möchte es nicht.” (privater Kontext)

Übrigens zeigt die Forschung, dass du die Formulierung “Ich kann nicht” eher vermeiden und stattdessen eher auf “Ich werde nicht” zurückgreifen solltest. Das hilft dir selbst, klarer bei deiner Entscheidung zu bleiben und nicht nachzugeben.

„Noch nicht“

Außerdem kann es sein, dass du einem Gefallen gerne nachkommen möchtest, ihn aber aus Zeitgründen derzeit nicht bewältigen kannst.

In diesem Fall schlägst du dem Bittsteller vor, den Gefallen in der Zukunft zu erledigen. 

Eine mögliche Formulierung hierfür wäre:

  • “Zurzeit bin ich beschäftigt, aber in zwei Wochen kann ich das gerne machen. Wenn das rechtzeitig ist, helfe ich dir gerne, ansonsten musst du jemanden anderen finden”.

Weitere Beispiele für ein „noch nicht“:

  • “Ich kann diese Aufgabe gerne für dich übernehmen. Da ich diese Woche noch XY fertigstelle, komme ich Anfang nächster Woche auf dich zu.”
  • “Danke, dass du dabei an mich denkst. Ich möchte mir das noch einmal in Ruhe überlegen. Bis morgen um 9 Uhr sage ich dir Bescheid, ob ich dir helfen kann.”

„Nein” sagen üben vor dem Spiegel

Diese Übung dient dazu, das „Neinsagen“ zu üben und dir deiner Körpersprache bewusster zu werden. Sie hilft dir, da du ein besseres Gefühl dafür bekommst, wie du selbst wirkst, wenn du „nein“ sagst.

Stelle dich vor einen Ganzkörperspiegel. Versetze dich in eine Situation hinein, in der der notorische Ja-Sager in dir am liebsten “ja” sagen würde, obwohl du weißt, dass die Antwort “nein” deinem wahren Bedürfnis entspricht.

Formuliere dann laut dein jeweiliges “Nein”. Angepasst an die bestimmte Situation, die gerade im Alltag für dich relevant ist. Finde die Worte, mit denen du dich wohlfühlst.

Drücke deine Klarheit in deiner Entscheidung und deine persönliche Stärke durch eine aufrechte Körperhaltung aus. Dadurch wirkst du selbstsicherer und entschlossener.

Beobachte außerdem, wie sich deine Gesichtsmimik verändert, wenn du “nein” sagst.

Versuche, deine Mimik neutral zu halten.

Ein Lächeln oder ein unsicheres Hochziehen der Augenbrauen werden dich weniger selbstsicher wirken lassen, als ein direkter, klarer und neutraler Gesichtsausdruck.

Nimm dich bei dieser Übung nicht zu ernst und hab Spaß am Neinsagen-Lernen. Wenn du spielerisch und nachsichtig mit dir umgehst, stärkst du dein Selbstvertrauen. Übung macht den Meister.

“Nein” sagen im Beruf

Es ist erstmal normal, dass “nein” sagen im Beruf womöglich schwerer fällt als im Privaten. Arbeitnehmer:innen befinden sich in einem Abhängigkeitsverhältnis. Zudem sind Unternehmen in den meisten Fällen hierarchische Organisationen.

Wer als Arbeitnehmer einem Chef oder einer Chefin untergeordnet ist, fühlt sich nicht immer in der Position, sich einer Arbeitsanweisung zu widersetzen – auch wenn diese den eigenen Überzeugungen oder Bedürfnissen widerspricht (natürlich ist es völlig in Ordnung, manchmal Aufgaben machen zu müssen, die einem keinen Spaß bereiten – darum geht’s hier nicht).

Auch Kolleg:innen Grenzen aufzuzeigen, ist nicht immer einfach. Schließlich will man nicht der Spielverderber sein, “keine schlechte Stimmung” verbreiten oder als unzuverlässig gelten.

Trotzdem gibt es auch im Beruflichen Grenzen, die dein “Nein” erfordern. Erforsche einmal deine Gedanken und überprüfe, ob du beispielsweise folgenden Glaubenssatz verinnerlicht hast: “Unbezahlte Überstunden sind normal”.

Was würden Kolleg:innen auf diese Frage antworten? Was würde dein Chef oder deine Chefin auf diese Frage antworten? Viele Menschen würden dieser Aussage wohl zustimmen. In manchen Unternehmen gibt es sogar zusätzliche Anerkennung für Überstunden.

Vielleicht hast du Angst, dein Aufgabenpensum nicht zu bewältigen und von deinem Chef gefeuert zu werden. Oder du hast Angst, dass andere dich für egoistisch oder nicht pflichtbewusst halten, wenn du zum Beispiel pünktlich nach Hause gehst.

Im Berufsleben wird dein Ansehen sogar steigen, wenn du in den richtigen Situationen „nein“ sagen kannst. Es kommt vor allem darauf an, wie du die Absage kommunizierst.

So sagst du zu Kolleg:innen „nein“:

  • Den Inhalt der Anfrage klären: Bevor du die Anfrage abschmetterst – kläre zunächst den genauen Inhalt, indem du nachfragst. Welchen Umfang hat die Aufgabe? Bis wann muss sie fertig werden? Wenn du die wichtigsten Informationen hast, kannst du immer noch ab- oder zusagen. Dein Gegenüber wird so merken, dass du nicht leichtfertig „nein“ sagst.
  • Gib eine klare Antwort: Lass dein Gegenüber nicht im Unklaren, nur weil du dich nicht traust, „nein“ zu sagen. Kommuniziere klar, ob du helfen kannst oder nicht. So weiß dein Gegenüber, woran sie oder er ist.
  • Sei freundlich, aber bestimmt: Es ist wichtig, dass du dein „Nein“ freundlich, aber bestimmt formulierst. Ansonsten könnte die Kollegin oder der Kollege denken, dass du noch umzustimmen bist. Der klare Ton vermeidet hier Missverständnisse.
  • Hilfe zur Hilfe: Wenn du weißt, dass du keine Zeit hast, um selbst zu helfen: Überlege, ob du der Kollegin oder dem Kollegin mit geringem Aufwand weiterhelfen kannst. Zum Beispiel, indem du sie an eine Agentur oder an jemanden aus deinem Netzwerk weiterleitest.

Übrigens: Für den Extremfall gibt es ein Arbeitsrecht und vertragliche Rahmenbedingungen, auf die du dich berufen kannst.

“Nein” sagen in der Familie

Wenn du im Kontext deiner Familie dazu tendierst, immer “ja” zu sagen, liegt das mit hoher Wahrscheinlichkeit an den Beziehungsstrukturen.

Diese werden in der Kindheit geprägt. Hinter den Beziehungsstrukturen verbirgt sich die Frage: Auf welche Art und Weise hast du als Kind Anerkennung und Liebe erhalten?

Wenn du herausfindest, welchem Rollenbild du mit deiner “Ja-Sagerei” gerecht werden willst, öffnest du Raum für Veränderungen und neue Perspektiven.

Vielleicht hast du das Selbstbild eines:r perfekten Kindes, welches sich liebevoll um die Eltern sorgt und dabei die eigenen Bedürfnisse hinten anstellt.

Konflikte in der eigenen Familie sind besonders belastend, da sie an den Kern der eigenen Existenz gehen. Dementsprechend schwer fällt es uns, Wünsche auszuschlagen oder Grenzen aufzuzeigen. Wir möchten mit unserem “Nein” nicht die Harmonie gefährden.

Es kann deshalb eine echte Herausforderung sein, die eigenen Interessen und Bedürfnisse im Einklang mit den familiären Interessen (beispielsweise von einzelnen Familienmitgliedern wie der Mutter oder dem Vater) zu leben.

Die Lösung ist trotzdem nicht, allen Wünschen und “Anforderungen” nachzukommen, wenn diese diametral zu den eigenen Interessen stehen. Versuche stattdessen, die Kommunikationstipps aus diesem Beitrag zu befolgen, um konstruktiv „nein“ zu sagen, wenn es angebracht ist.

Wie lernen Kinder, “nein” zu sagen?

Kinder sind von Natur aus sehr verbunden mit ihrer Intuition und haben ein gutes Gefühl dafür, was ihnen gut tut und was nicht.

Im Zuge der Sozialisation verlernen Kinder manchmal, der eigenen Intuition zu vertrauen und lernen, sich an die Erwartungen anderer anzupassen. Sie erhalten Lob und Anerkennung für ein bestimmtes Verhalten – und werden für anderes Verhalten bestraft.

Hierbei ist es wichtig, dem Kind neben notwendigen Grenzen im Außen auch eine Achtsamkeit für die eigenen inneren, persönlichen Grenzen zu vermitteln.

Eltern können ihre Kinder in verschiedenen Arten und Weisen darin unterstützen, nicht zu einem notorischen Ja-Sager zu werden.

Es ist die Aufgabe der Eltern, die Selbstverantwortung des Kindes mitzuentwickeln, indem das Kind einige wichtige Entscheidungen zum Beispiel allein fällt und so ein Gefühl von Selbstbestimmtheit und Selbstwirksamkeit erfährt.

Eine mögliche praktische Herangehensweise ist das führen von Pro- und Kontra-Listen bei wichtigen Entscheidungen: Um herauszufinden, welche Argumente beispielsweise eher von Erwartungen bestimmt sind, die an das Kind herangetragen werden und welche Argumente den eigenen Bedürfnissen des Kindes entsprechen.

Dies ist der Versuch, die Bedürfnisse des Kindes mit dem Kind gemeinsam herauszuarbeiten und das Kind dann auf einem ganz individuellen Weg zu unterstützen.

„Nein“ sagen in Beziehungen

Es ist nicht immer einfach, in Beziehungen nein zu sagen – aber sehr wichtig.

Beziehungen bringen eine sehr intime Verbindung mit sich, die wir mit unserem Partner oder unserer Partnerin eingehen. In diesem Kontext kann es schwer fallen, „nein“ zu sagen sowie Grenzen zu setzen.

Gesunde Beziehungen leben jedoch auch davon, dass beide Seiten sich weiterhin als Individuen betrachten – mit eigenen Interessen und Bedürfnissen. Es ist deshalb völlig in Ordnung und sogar wichtig, nicht zu allem „ja“ zu sagen in einer Beziehung.

In einer guten Beziehung können beide Partner „nein“ sagen, ohne dass sich das Gegenüber automatisch zurückgewiesen fühlt oder gar beleidigt ist.

Denn:

  • Beide Seiten wissen, dass das „nein“ nicht ihnen als Person gilt, sondern lediglich dem Wunsch des Gegenübers – und dass es gute Gründe für das „Nein“ gibt.
  • Beide Seiten wissen, dass es gesund ist, wenn das Gegenüber achtsam mit dem eigenen Energielevel sowie eigenen Bedürfnissen umgeht.

Höre dir zu dem Thema „Grenzen setzen in Beziehungen“ die folgende Podcast-Folge an:

Oder Folge hier herunterladen

Test: Kann ich „nein“ sagen?

Bitte absolviere den Test und finde anschließend unten in der Auswertung heraus, ob du ein „Ja-Sager“ bist.


Auswertung

1-3 Punkte: Du fokussierst dich auf das Wesentliche. Es scheint, als hättest du einen guten Draht zu dir selbst. Du haushaltest gut mit deinen zeitlichen und energetischen Ressourcen – Glückwunsch! Du bist auf dem richtigen Weg, dein „Nein“ klar und respektvoll zu äußern.

4-6 Punkte: Fokussiere dich noch mehr darauf, deine eigenen Bedürfnisse zur ersten Priorität zu machen. Erst wenn du das schaffst, wirst du auch genügend Energie dafür haben, anderen zu helfen. Kein Grund also ein „schlechtes Gewissen“ zu haben, wenn du „Nein“ sagst zu anderen, sagst du gleichzeitig „Ja“ zu dir selbst.

7-10 Punkte: Du bist ein:e Ja-Sager:in! Wenn du Entscheidungen fällst, machst du diese eher von der Meinung anderer abhängig und bist sehr darauf bedacht, was andere von dir denken. Du schöpfst deinen Selbstwert vor allem aus der Anerkennung und Wertschätzung durch andere. Es ist an der Zeit, deinen Selbstwert noch mehr aus dir selbst heraus zu nähren: Praktiziere Selbstliebe, werde dir deiner Bedürfnisse bewusst und setze diese an erste Stelle. Schau nochmal in die praktischen Tipps und Übungen zum „Neinsagen lernen“ aus meinem Blogartikel!

Über den Autor

Über den Autor

Chris Bloom ist Systemischer Therapeut, Autor, Podcaster und Speaker. Nach einem Studium der Gesundheits­ökonomie (M.Sc.) arbeitete Chris im Gesundheits­bereich. Seit 2017 ist Chris als Coach tätig und hat sich auf die Themen Selbstvertrauen, Selbstliebe und Selbstkenntnis spezialisiert.

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<a href="https://chrisbloom.de/author/chris/" target="_self">Chris Bloom</a>

Chris Bloom

Ich bin Chris Bloom – Systemischer Therapeut, Gesundheitsökonom (M. Sc.), Autor, Podcaster, Speaker und Coach. Unsere Gedanken und die richtige innere Haltung empowern uns, unser Leben nach unseren Wünschen zu kreieren. Das Fundament hierfür bilden die drei Säulen: Selbstvertrauen, Selbstliebe und Selbstkenntnis. Diese sind für uns individuell erlernbar – wie das Einmaleins in der Schule. Ich helfe dir dabei, dieses Fundament zu schaffen – damit du das Leben leben kannst, das du dir wünscht. Infos zu meiner Vita und Vision: Wer ist Chris Bloom?

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