Emotionale Abhängigkeit kommt in Beziehungen vor. Betroffene richten ihr Leben nach einer Person aus und vergessen dabei eigene Bedürfnisse und Interessen.
30 Sekunden Zusammenfassung
- Emotional abhängige Personen richten ihr Leben nach dem oder der Partner:in aus und machen ihr Glück von ihr oder ihm abhängig. Dabei geben sie ihre Freiheit und Selbstbestimmtheit auf.
- Emotionale Abhängigkeit entspringt dem tiefen Bedürfnis, geliebt zu werden. Dieses ist besonders wichtig für Menschen mit niedrigem Selbstwert, Verlust- oder Bindungsangst.
- Anzeichen emotionaler Abhängigkeit sind zum Beispiel klammerndes und rückversicherndes Verhalten gegenüber dem Partner oder der Partnerin.
- Emotional abhängige Menschen haben oft Angst vor Zurückweisung und stellen deswegen ihre eigenen Bedürfnisse hinten an.
- Das große Nähebedürfnis des emotional abhängigen Parts in Beziehungen führt oft zu Rückzug und Distanz auf Seiten des Gegenübers. Damit beginnt ein Teufelskreis von Nähe und Distanz.
- Um sich aus emotionaler Abhängigkeit zu lösen, bedarf es einer klaren Entscheidung für sich selbst. Betroffene müssen lernen, Grenzen zu setzen und “Nein” zu sagen.
- Um Einsamkeit, Verlustangst und Liebeskummer zu überwinden, hilft es, Freundschaften intensiv zu pflegen, damit du woanders als bei deinem:r Partner:in emotionalen Rückhalt findest.
- Ganz unten im Beitrag findest du einen kostenlosen Test: Bin ich emotional abhängig?
Was ist emotionale Abhängigkeit?
Per Definition beschreibt emotionale Abhängigkeit folgende Situation: Ein Mensch ist einseitig emotional abhängig von einem anderen Menschen. Infolgedessen verspürt er große Verlustängste, vernachlässigt die eigenen Interessen oder verliert sich selbst, um den anderen Menschen zu halten.
Besonders häufig lässt sich emotionale Abhängigkeit in Partnerschaften beobachten, es gibt sie aber auch im familiären oder freundschaftlichen Kontext.
Emotionale Abhängigkeit bezieht sich auf das tiefe, menschliche Sicherheitsbedürfnis, geliebt zu werden. Das klingt zunächst einmal völlig “normal” – ein Grundbedürfnis wie Essen und Schlafen.
Die Abhängigkeit kann jedoch in ein Ungleichgewicht kippen: Ein Mensch ist emotional abhängig, wenn er sein ganzes Leben nach einem anderen Menschen und dessen Liebe ausrichtet.
Als emotional abhängiger Part, gibst du an diesem Punkt deine Selbstbestimmtheit auf. Du tust alles, um den anderen Menschen nicht zu verlieren. Du bist regelrecht süchtig geworden nach deinem Gegenüber.
Ohne deine “bessere Hälfte” leidest du tatsächlich an “Entzugserscheinungen”: Du fühlst dich womöglich einsam und leer. Besonders in der Unsicherheit der Kennenlernphase mit deinem potenziellen Soulmate empfinden Betroffene eine starke Achterbahn der Gefühle.
Du wartest sehnsüchtig auf ein Zeichen der Bestätigung und machst so (unbewusst) dein Glück vom Gegenüber abhängig.
In Liebesbeziehungen suchen dich schnell Verlustängste heim – einschließlich panikartiger Zustände. Generell neigen emotional Abhängige Typen dazu, sich an Partner:innen, Freund:innen und Familienmitglieder:innen, einschließlich ihrer Kinder, zu klammern.
Nach Trennung ist der Kummer tiefer und verzweifelter als bei anderen Menschen, und Depressionen sind ein ernsthaftes Risiko.
Die Forschung zeigt, dass der unsicher-vermeidende Bindungstyp sich statistisch gesehen am ehesten in Situationen emotionaler Abhängigkeit wiederfindet. Stelle dich der Frage “Welcher Beziehungstyp bin ich?”.
Ursachen
So individuell jeder Mensch auch ist – es stellen sich vier Hauptfaktoren heraus, welche die Entwicklung einer emotionalen Abhängigkeit begünstigen.
Verlust- und Bindungsangst
Verlustängstliche Beziehungspartner:innen entwickeln leichter eine emotionale Abhängigkeit.
Sie sind geplagt von Fragen wie:
- “Könnte ich verlassen werden?”
- “Werde ich abgelehnt?”
- “Werde ich ausgetauscht?”
- “Könnte ich im Stich gelassen werden?”
Diese Ängste begünstigen rückversicherndes Verhalten. Das heißt: Der oder die Partner:in muss sich ständig beim Gegenüber das Gefühl “holen”, dass alles ok ist. Die Suche nach Liebesbestätigungen scheint unersättlich.
Die Grenzen zwischen Verlust- und Bindungsangst verlaufen übrigens fließend. Der Unterschied: Bindungsängstliche haben Schwierigkeiten, sich auf tiefe Beziehungen einzulassen. Verlustängstliche fürchten durchweg, dass die Beziehung enden könnte.
In meinem Interview mit Stefanie Stahl erklärt die Psychologin, wie du diese Ängste entlarvst:
“Indem ich in mich hineinfühle und mir die Frage stelle: ‘Was halte ich im tiefsten Inneren von mir und welchen Wert schreibe ich mir zu?’. In der Psychologie reden wir von Glaubenssätzen, die einfach Programme sind, die sich in kurzen Sätzen ausdrücken lassen. Bei sehr vielen Menschen sind zwei Glaubenssätze verankert: “Ich bin nicht wichtig” und “Ich genüge nicht”. Diese Glaubenssätze sind sehr weit verbreitet.”
Stefanie Stahl
Diese “Programme” entstehen meistens in der Kindheit. Das Verständnis für das innere Kind kann in Momenten akuter Verlust- oder Bindungsangst beruhigend wirken. Deine Kindheit aufzuarbeiten, hilft dir so dabei, mehr innere Ruhe zu finden.
Denn es wird immer einen erwachsenen Anteil in dir geben, der in solchen Momenten dein inneres Kind trösten kann.
Unzufriedenheit
Die Liebe aus einem Gefühl der emotionalen Abhängigkeit heraus ist nicht frei, sondern voller Erwartungen: Du erwartest von deinem Gegenüber (ob bewusst oder unbewusst), dass er oder sie ein Gefühl der Leere und Unzufriedenheit in dir füllt. Dich glücklich macht. Dir das gibt, was du dir selbst nicht geben kannst. Aber: Das ist keine Liebe.
Das wird auf Dauer zu einer toxischen Beziehung führen, in der sich dein Gegenüber wahrscheinlich irgendwann zurückzieht – und sich emotional von dir entfernt.
Um wieder offenen Herzens miteinander umzugehen, braucht es ungezwungene Liebe, die frei ist. Es geht darum, nicht dem Wunsch “geliebt zu werden” anzuhaften, sondern dich darauf zu fokussieren, wie du Liebe gibst. Die Lösung besteht darin, aus freien Stücken heraus zu lieben.
Frage dich einmal selbst: “Wie gebe ich Liebe?”. Eine Antwort darauf findest du zum Beispiel, wenn du herausfindet, welche der 5 Sprachen der Liebe du sprichst.
Geringer Selbstwert
Menschen mit niedrigem Selbstwertgefühl identifizieren sich meistens stark über ihre Liebesbeziehung. Demnach ist auch der Selbstwert sehr abhängig von der gegenwärtigen Beziehung zum Partner beziehungsweise zur Partnerin.
Die dauernde Suche nach Bestätigung im Außen kann anstrengend für beide Seiten werden. Diese Suche verwandelt sich schnell in emotionale Abhängigkeit.
Dass ein Leben ohne Beziehung besser sein könnte in manchen Lebensphasen, können Menschen mit einem geringen Selbstwertgefühl überhaupt nicht nachvollziehen: “Wie soll ich mich ohne Beziehung jemals ‘genug, geliebt oder gut’ fühlen?!”
So begünstigt der mangelnde Selbstwert, dass destruktive Dynamiken emotionaler Abhängigkeit entstehen können.
Narzisst:in als Beziehungspartner:in
Warum eine emotionale Abhängigkeit eher in einer Beziehung mit einem Narzissten oder einer Narzisstin entstehen kann, zeigt folgendes Zitat aus dem Interview “Was ist Narzissmus?” mit Bärbel Wardetzki:
“In narzisstischen Beziehungen versuchen Menschen das Verliebtsein zu erhalten und glauben, dass “Love Bombing” Liebe sei. Beide Partner glauben, dass Bewunderung und Anerkennung Liebe sei. Das ist natürlich eine Fehlinterpretation, weil Liebe etwas anderes als Bewunderung und Anerkennung ist.”
Dr. Bärbel Wardetzki
Es wird deutlich, dass die Suche nach Bestätigung von außen in solchen Beziehungen sehr stark ausgeprägt ist. Doch genau das ist die Falle der emotionalen Abhängigkeit: Das Gegenüber soll die eigene Unsicherheit beziehungsweise Unzufriedenheit fortlaufend “auffangen”.
8 Anzeichen von emotionaler Abhängigkeit
Du fragst dich, ob du emotional abhängig bist? Oder ob es dein:e Partner:in ist? Im Folgenden habe ich die 8 wichtigsten Anzeichen für emotionale Abhängigkeit zusammengetragen.
Prüfe für dich selbst, ob diese Anzeichen auf dich oder andere zutreffen. Alternativ kannst du direkt den Selbsttest machen. Diesen findest du weiter unten im Beitrag.
Rückversicherndes Verhalten
Du brauchst die Liebe deines Partners oder deiner Partnerin wie die die Luft zum Atmen? Du zweifelst an seiner oder ihrer Liebe, wenn er oder sie diese nicht kundtut?
Psycholog:innen sind sich einig, dass die Suche nach Bestätigung im Außen durch die geliebte Person eine der Hauptfaktoren von emotionaler Abhängigkeit ist. Sie vergleichen das unstillbare Bedürfnis, “Ich liebe dich” zu hören, mit einer Sucht.
Probleme mit dem Alleinsein
Eine der prägnantesten Anzeichen für emotionale Abhängigkeit ist laut Forschung ein ständiges Gefühl von Einsamkeit und Leere.
Vergleichbar mit Entzugssymptomen setzen diese Gefühle gepaart mit Hilflosigkeit und Verzweiflung immer dann ein, wenn die andere Person nicht da ist. Auch Ghosting oder wenn sie oder er nicht mehr schreibt, können diese Einsamkeitsgefühle “triggern”.
Intensiv werden die negativen Gefühle vor allem, wenn du keine Ablenkung im Außen hat – das heißt, wenn du allein bist. Ohne Ablenkung wird es schwer, das Gedankenkarussell zu stoppen: Fragen wie “Liebt er oder sie mich noch?”, “Will er oder sie überhaupt noch Zeit mit mir verbringen?” oder “Werde ich verlassen?” bestimmen deine Gedanken.
Es hilft, andere Beziehungen in deinem Leben zu pflegen, um die Einsamkeit zu bekämpfen. Außerdem kannst du dir ein neues Hobby suchen, und so neue Kontakte knüpfen.
Ein weiterer Tipp: Melde dich zur Social-Media-Detox Challenge an. Höre noch heute auf, deinen Schwarm auf Instagram oder Facebook zu “stalken” und verwende deine wertvolle Zeit stattdessen damit, dich um dich selbst zu kümmern.
Das wird dich langfristig unabhängiger von der Beziehung zu deinem Partner oder deiner Partnerin machen.
Angst vor Zurückweisung
Emotional Abhängige sind geplagt von ständiger Angst vor Zurückweisung. Sie verbiegen sich, um dem oder der Anderen um jeden Preis zu gefallen.
Das Leben richtet sich in nahezu allen Facetten (Hobbies, Kleidungsstil, Essen, …) nach den Vorlieben des Partners oder der Partnerin. Diese Anpassung schöpft sich aus der Angst davor, von der geliebten Person abgewiesen zu werden.
Dabei vergisst man nur allzu schnell, was eine gute Beziehung ausmacht: Nämlich, dass du dich nicht verstellen musst und ihr euch auf Augenhöhe begegnet – authentisch, ehrlich, echt.
Es hilft nur eins: Loslassen lernen von der Bewunderung des Gegenübers!
Einseitigkeit
Wünschst du dir, dein:e Partner:in würde sich öfter melden oder von sich aus deine Nähe suchen? Ganz zwanglos, liebevoll und ehrlich?
Hast du schon einmal darüber nachgedacht, dass deine dauernden Annäherungsversuche der anderen Person gar keinen Raum bieten, selbst Initiative zu ergreifen?
Wenn du diese Selbstsabotage erst einmal entlarvt hast, wird sich diese Einseitigkeit in deiner Beziehung ganz von alleine auflösen.
Manchmal ist eben genau das Gegenteil von dem angesagt, was deinem ersten Impuls auf der Suche nach Nähe entsprechen würde. Nämlich, dass du dem oder der Anderen mehr Raum für sich selbst gibst und dich in Geduld übst.
Eigene Bedürfnisse zurückstellen
Typisch für emotionale Abhängigkeit ist auch, dass du deine eigenen Bedürfnisse hinten anstellst. Dir geht es vor allem darum, die Bedürfnisse und Wünsche des Gegenübers zu befriedigen.
Viele Gründe sprechen aus Sicht des emotional Abhängigen dafür, die Bedürfnisse des oder der Anderen über die eigenen zu stellen:
- “Wenn er oder sie glücklich ist, dann bin ich auch glücklich.”
- “Wenn ich ihm oder ihr einen Gefallen tue, dann liebt er oder sie mich mehr.”
Wichtige Grundregel: Verliere dich niemals, um jemanden zu halten.
Klammern und Kontrollieren
Ohne die geliebte Person an deiner Seite empfindest du Hilflosigkeit und Einsamkeit. Negative Gedankenspiralen versuchst du zu beruhigen, indem du ihn oder sie mit Nachrichten auf Social Media überhäufst, ihn oder sie anrufst – oder gar anfängst, deinen Schwarm auf Social Media zu “stalken”.
In manchen Beziehungen geht dieses kontrollierende Verhalten sogar so weit, dass die Partner:innen ihre Online-Terminkalender synchronisieren. Dann bist du immer “up to date”, was dein:e Partner:in gerade treibt.
Vermeintlich versucht du so, deine Bedürfnisse nach Nähe und Sicherheit zu erfüllen. Doch Vorsicht: Aus Nähe kann auch schnell “Enge” werden. Und wer sich eingeengt fühlt, möchte sich davon befreien, was ihn oder sie einengt. So hat das Klammern paradoxerweise häufig genau den gegenteiligen Effekt: Der oder die Partner:in entfernt sich emotional.
Zeit als Währung für Liebe
Ganz nach dem berühmten Motto “Zeit ist Geld” gilt für emotional Abhängige das Motto “Zeit ist Liebe”.
Wenn du die Liebe der oder des Anderen daran bemisst, wie viel Zeit sie oder er mit dir verbringt, ist das ein Zeichen von emotionaler Abhängigkeit. Du fühlst dich nur dann geliebt, wenn dein:e Partner:in jede freie Minute mit dir verbringt.
Dass die andere Person sich Zeit für sich selbst nehmen möchte, interpretierst du als Zeichen von Zurückweisung.
Dabei ist es eigentlich das größte Geschenk in einer Beziehung, wenn beide Seiten sich gegenseitig Zeit für sich selbst einräumen. So können beide Partner:innen guten Gewissens Phasen von „Me-Time“ einplanen.
Wenn Paare eine kriselnde Beziehung erfolgreich retten können, liegt das häufig daran, dass sie den Umgang mit Zeit verändern: Der gesunde Wechsel aus Zweisamkeit und “Me-Time”, in der beide Partner:innen Zeit alleine haben “dürfen”, kann eine Beziehung nachhaltig entspannen.
Idealisierung der geliebten Person
Ein letztes wichtiges Symptom emotionaler Abhängigkeit ist die Idealisierung des Gegenübers.
Du siehst an deinem Gegenüber keine Macken und verzeihst ihm oder ihr jeden Fehler? “Vergeben und Verzeihen” zu können, kann zwar sehr heilsam sein. In Beziehungen emotionaler Abhängigkeit gießt du damit jedoch Öl ins Feuer der Abhängigkeit.
Dein:e Partner:in wird deine Lobeshymnen vielleicht anfangs genießen, doch irgendwann kann sich auch bei ihm oder ihr Druck aufbauen, einem “perfekten Bild” nacheifern zu müssen.
Auf der anderen Seite nimmst du deinem Partner oder der Partnerin die Chance, deine Grenzen sowie Bedürfnisse zu sehen und zu respektieren.
Warum idealisieren wir? Indem du dein Gegenüber idealisierst und dich über deine Beziehung definierst, erhöhst du dadurch unbewusst deinen eigenen Selbstwert. Doch dieser steht dann wieder in Abhängigkeit zu deinem Partner oder deiner Partnerin. Dies begünstigt die emotionale Abhängigkeit umso mehr.
Auswirkungen von emotionaler Abhängigkeit
Da zwischenmenschliche Beziehungen wechselseitig sind, hat auch die emotionale Abhängigkeit des einen Parts immer Auswirkungen auf beide Beziehungspartner:innen.
Diese Auswirkungen hängen stark von der Persönlichkeit des Gegenübers ab. Gerade für emotional Abhängige ist es sehr heilsam, auch die Perspektive des Gegenüber zu verstehen.
Dies kann Kraft geben und dich aus deiner Opferhaltung herausbringen. Indem du offen bist für die Perspektive des oder der Anderen, schaffst du Raum für gemeinsame Kreativität, um Lösungen für ein liebevolles Miteinander zu finden.
Auswirkungen beim Gegenüber
Eine Beziehung funktioniert immer wechselseitig. Du und dein:e Partner:in – ihr seid interdependent. Das heißt, ihr beeinflusst euch gegenseitig.
Hast du dir also schon einmal überlegt, wie dein Gegenüber auf deine emotionale Abhängigkeit reagiert? Was werden die kontrollierenden Verhaltensmuster und die Suche nach Bestätigung in ihm oder ihr auslösen?
Höchstwahrscheinlich wirst du “am Anfang” auf offene Ohren stoßen. Schließlich liebt dich die Person, von der du so viel abhängig machst. Sie wird versuchen, dich glücklich zu stimmen und möchte dir das geben, was du brauchst.
Dies führt auf Dauer zu Erschöpfung, irgendwann findest du dich in einem Teufelskreis wieder. Und zwar, wenn das Umsorgen in ein “Lass mich in Ruhe!” umschlägt.
Dein Gegenüber könnte das Gefühl haben, er oder sie müsse ein unendliches Vakuum aus Unzufriedenheit füllen und realisiert, dass er oder sie das niemals schaffen wird. Die Lösung liegt nämlich in dir selbst. Das Resultat: Dein:e Partner:in schützt eigene Kraftressourcen, indem er oder sie mit mit Rückzug reagiert.
Daraufhin wird deine Verlustangst wieder deutlich und schreit förmlich: “Liebst du mich noch? Ich brauche deine Zuneigung und Nähe. Ich kann nicht ohne dich.”
Zuletzt übst du unter Umständen unbewusst Druck auf dein Gegenüber aus, indem du dein Gegenüber idealisierst und hochlobst. Er oder sie hat dann das Gefühl, er müsse deine übersteigerten Erwartungen erfüllen.
Oder vielleicht fängt dein Gegenüber an der Echtheit deiner Liebe zu zweifeln. Wer immer nur Honig um den Mund schmiert, läuft Gefahr, nicht mehr Ernst genommen zu werden.
Auswirkungen beim emotional abhängigen Part
Die häufigste und schlimmste Auswirkung emotionaler Abhängigkeit ist die Selbstaufgabe.
Wenn du zum Beispiel zu Gunsten deiner Beziehung deine Interessen und Freundschaften aufgibst, schwindet dein “sozialer Puffer”. Du sägst den Ast ab, auf dem du sitzt.
Jetzt gibt es da plötzlich nur noch deinen festen Partner oder deine feste Partnerin, der oder die emotional für dich da ist. Wenn du diese Liebe dann nicht bekommst, geht es dir schlecht.
Emotional abhängige Menschen neigen deshalb zu depressiver Verstimmung und Stimmungsschwankungen. Sie entwickeln abhängig von der Beziehung manchmal Stresssymptome wie Atemnot, Kopfschmerzen, Schlafstörungen oder Herzrasen.
Außerdem dauert es für gewöhnlich länger, bis sie über eine Trennung hinwegkommen oder eine Trennung akzeptieren können.
Wie löse ich mich von emotionaler Abhängigkeit?
Die emotionale Abhängigkeit zu überwinden, bedeutet, selbständiger und freier zu leben. Es geht darum, wieder mehr in die Eigenständigkeit zu finden. Das erfordert zunächst einmal eine große Portion Mut.
Klare Entscheidung für dich
Der Schritt in die Freiheit braucht eine ganz klare und feste Entscheidung von dir.
Denn: Sei gewarnt vor starken “Entzugssymptomen”. Ähnlich wie bei Suchterkrankungen können in Zeiten von Verzicht auf das Suchtmittel (hier: die geliebte Person) starke Entzugssymptome auftreten.
Um Durststrecken von Vermissen, Einsamkeit oder Verlustangst durchzustehen, solltest du am besten einen Tagebucheintrag oder Ähnliches parat haben, der dich an deine feste Entscheidung für Freiheit und Selbstständigkeit erinnert.
Tipp für die Praxis: Formuliere deine Entscheidung “raus aus der emotionalen Abhängigkeit” einmal schriftlich. Finde einen oder höchsten zwei Sätze, die diese Entscheidung auf den Punkt bringen. Zum Beispiel: “Ich entscheide mich heute ein für alle mal dafür, selbstbestimmt und frei zu leben und zu lieben”.
Freundschaften pflegen
Wichtig ist, dass du andere geliebte Menschen aus deinem Umfeld über deine Entscheidung für ein selbstbestimmteres, freieres Leben informierst. Am besten sprichst du ab, dass du eine Art Notfallnummer von Freund:innen in schwierigen Phasen immer anrufen kannst.
Ein soziales Netz ist unglaublich wichtig, um Rückfälle zu vermeiden. Du lernst so, dass dein Bedürfnis nach Liebe, Nähe und Bestätigung nicht nur von diesem einen Menschen befriedigt werden kann.
Natürlich sollte sich bei der Pflege deiner Freundschaften nicht alles um dich selbst und deine Beziehungsprobleme drehen. Wer hat schon Lust, sich das von morgens bis abends anzuhören? Sei nicht nur achtsam mit dir, sondern auch deinem Umfeld.
Organisiere Treffen mit Freund:innen, bei denen ihr gemeinsam etwas erlebt: Lade zum Beispiel zum Abendessen bei dir zu Hause ein und bekoche deine Gäste, organisiere einen Stadtbummel oder eine Wanderung, schlage einen Thermenbesuch vor oder lass bei einem Fotoabend alte gemeinsame Erinnerungen wach werden.
Zugang zu eigenen Bedürfnissen
Bis jetzt drehte sich alles um das Wohlbefinden des Gegenübers. Deines ist auf der Strecke geblieben. Das darf sich jetzt ändern!
Stelle dir folgende Fragen, um dich selbst zu finden und dein Leben wieder mehr nach deinen eigenen Bedürfnissen auszurichten:
- Was kann ich besonders gut?
- Welche Dinge fallen mir leicht?
- Wofür werde ich oft gelobt?
- Mit welchen 3 Adjektiven würdest du dich selber beschreiben?
- Was macht mir Spaß und was ist meine Leidenschaft?
- Bei welchen Dingen vergesse ich die Zeit?
- In welche Dinge kann ich mich so richtig “reinknien”?
- Was interessiert mich in meinem Lebensabschnitt gerade besonders?
Notiere deine Antworten auf diese Fragen und lies dir diese regelmäßig durch. Du darfst die Antworten auch anpassen oder erweitern.
Meditation
Meditation hilft, mit schwierigen Gefühlen wie zum Beispiel Verlustangst, Einsamkeit oder Liebeskummer besser umzugehen.
Deine Gefühle anzunehmen und diese in der Meditation zu “halten”, hilft dir dabei, dich nach und nach aus der emotionalen Abhängigkeit zu lösen. Du brauchst nicht mehr dein Gegenüber, um die Leere in dir zu füllen, sondern gewinnst Vertrauen in dich selbst.
Hinweis: Meditationen können dich unterstützen, sind aber kein Wundermittel und auch nicht für jeden Menschen geeignet. Verurteile dich nicht dafür, wenn du die Meditationspraxis nicht regelmäßig integrieren kannst.
Um dir den Einstieg zu erleichtern, findest du in meinem Beitrag Meditation für Anfänger einen kostenlosen Meditations-Audiokurs.
Selbstliebe
Wie wäre die Vorstellung, dass du dir selber all das geben kannst, was du dir so sehr von deinem Gegenüber wünschst?
Es geht darum, dass du lernst, für dich selbst zu sorgen. Dein:e Partner:in ist nicht verantwortlich dafür. So hart es klingt: Aber du bist erwachsen. Es ist Zeit, dass du Verantwortung für dich übernimmst.
Jede gesunde Beziehung beginnt mit der Beziehung zu dir selbst. Und es gibt nur einen Menschen auf dieser Welt, der dich glücklich machen kann: Das bist du selbst.
Wenn du dich für das Thema Selbstliebe interessierst, schau gerne auf meinem Beitrag “Selbstliebe lernen” vorbei und hole dir wichtige Tipps ab.
Weniger Kompromisse
Wenn eine Beziehung nur noch auf Kompromissen fußt, kommt mindestens eine Seite zu kurz. Meist ist es der emotional abhängige Part.
Um dich also aus der emotionalen Abhängigkeit zu lösen, solltest du in Zukunft “Nein!” sagen lernen. Klare Grenzen setzen zu können, steigert die Beziehungsqualität ungemein.
In letzter Konsequenz führt emotionale Abhängigkeit nämlich zu Selbstaufgabe. Mache dir klar, dass dich nur gesunde Grenzen, vor der Selbstaufgabe schützen. Dadurch wirst du wieder Zugriff auf deine eigenen Energieressourcen gewinnen.
Es mag zunächst paradox wirken: Aber die Grenzen zu kennen, hilft auch dem Partner oder der Partnerin weiter, der oder die diese Grenzen achten soll. Nur wenn ich die Grenzen und Bedürfnisse meines Gegenübers kenne, kann ich diese respektieren.
Gelassenheit
Emotionale Abhängigkeit ist geprägt von Gefühlen wie Zweifeln und Unsicherheit. Der beste Weg Gelassenheit zu lernen, ist das Lernen von Selbstvertrauen.
Hierzu gehört an erster Stelle Geduld mit dir selbst. Niemand verändert sich über Nacht. Sich zu vertrauen, heißt auch, dem Prozess zu vertrauen. Das Leben ist nun mal dominiert von kosmischen Gesetzen, auf die wir als Individuen in diesem Universum keinen Einfluss nehmen können. Ein unumstößliches Gesetz ist das Gesetz der Veränderung.
Wenn du begreifst, das alles stetigen Veränderungsprozessen unterliegt, dann fällt es dir auf einmal viel leichter, loszulassen.
Du begreifst dann auch, dass deine Gefühlswelt und deine Beziehung stetiger Veränderung unterworfen ist. Es hat keinen Sinn, an alten Gegebenheiten und Beziehungswirklichkeiten festzuhalten.
Denn das Abenteuer “Leben” zeichnet sich dadurch aus, dass der Fluss, an dem du heute stehst, morgen ein ganz anderer Fluss ist. Ein anderes Wasser. Andere Steine, andere Sedimente, welche der stetig fließende Fluss (des Lebens) mit sich trägt.
Vertraue in den Fluss des Lebens und überwinde mit dieser Haltung deine emotionale Abhängigkeit und Verlustangst.
Eigene Visionen erschaffen
Eigene Visionen zu erschaffen und im Außen zu verfolgen, geben dir Sinn – unabhängig von der Beziehung zu dem geliebten Menschen.
Dies nimmt einigen Druck von deiner Beziehung und macht dein Glück weniger abhängig von der anderen Person.
Wenn du einen Anstoß brauchst, wie du praktisch anfangen kannst, deine eigenen Träume zu visualisieren und zu manifestieren, dann schau gerne auf folgendem Beitrag auf meinem Blog vorbei: “Vision Board erstellen”.
Coaching
“Ich habe in der Theorie alles verstanden, komme aber alleine nicht weiter” – diesen Satz höre ich zu Beginn meiner Coachings besonders häufig. In der Tat besteht der schwierigste Schritt meist darin, den ersten Schritt überhaupt zu gehen. Dies gilt auch für den Fall, dass wir uns emotional abhängig fühlen.
Wenn wir ins Handeln und in die praktische Umsetzung kommen möchten, benötigen wir manchmal die Hilfe von außen. Das zu erkennen, ist eine Stärke.
In meinem HEARTset Journey Coaching widme ich dem Thema Emotionen ein eigenes Modul. In diesem geht es darum, die eigenen Emotionen, Abhängigkeiten, Glaubenssätze und Verhaltensmuster zunächst aufzudecken – und anschließend aufzulösen.
Du möchtest deine emotionale Abhängigkeit mit meiner Hilfe auflösen und in 12 Wochen ein Leben voller Klarheit kreieren? Dann entdecke hier die HEARTset Journey.
Typische Formen emotionaler Abhängigkeit
Neben der emotionalen Abhängigkeit in Liebesbeziehungen, treten Formen von emotionaler Abhängigkeit auch in Freundschaften und innerhalb der Familie auf.
Beziehung und Partner
Die häufigste Form emotionaler Abhängigkeit findet sich in Liebesbeziehungen wieder.
Dies liegt an der Intimität, die mit Liebesbeziehungen einhergeht. Je intimer und verletzlicher du dich in einer Beziehung zeigst, desto eher wirst du dein Glück von der Aufmerksamkeit des:r Anderen abhängig machen.
Außerdem schwingen in Partnerschaften oft Erwartungen und Idealvorstellungen überromantisierter Liebe mit. Diese führen schnell dazu, dass man die eigene Beziehung mit einem Idealbild der Partnerschaft vergleicht – und so häufig desillusioniert wird.
In den seltensten Fällen sind Beziehungen zu 100 % “verschmelzend” und dauerhaft hochromantisch. Damit Frieden zu schließen, bedeutet, emotional unabhängiger zu werden.
Es geht darum, immer wieder bei sich selbst anzukommen, und dem Anderen immer wieder von einem Platz voller Zuversicht und Fülle zu begegnen.
Im Vergleich dazu erwarten emotional abhängige Menschen einen ständigen “Liebesregen” vom Gegenüber. Sie fokussieren sich eher darauf, Liebe zu bekommen, als Liebe zu geben.
Familie
Auch in Familien finden sich emotionale Abhängigkeiten wieder. Dies kann zum Beispiel eine emotionale Abhängigkeit von den eigenen Eltern sein.
Ein Beispiel: Kinder, welche Entscheidungen im eigenen Leben abhängig davon machen, ob die Eltern diese befürworten, sind emotional abhängig von den Eltern.
Allerdings ist die emotionale Abhängigkeit von Familienmitglieder:innen ein komplexes Thema. Das Bedürfnis nach Zugehörigkeit wirkt besonders stark im Kontext der Familie. Niemand möchte freiwillig aus der Familie “verstoßen” werden.
Hier hilft es, klar seine eigenen Bedürfnisse zu kommunizieren. Versuche, das Verständnis deiner Familienmitglieder:innen zu gewinnen, indem du von Herzen kommunizierst.
Auch als Elternteil kann man emotional abhängig von der Liebe des Kindes sein. Emotional abhängige Eltern stellen sich häufig folgende Fragen:
- “Warum meldet sich mein Kind nicht, liebt es mich nicht?”
- “Bin ich meinem Kind nicht wichtig?”
- “Wird mein Kind mein Geburtstag vergessen?”
Dies kann soweit führen, dass die Eltern ihre gesamte Freizeit danach ausrichten, ein Treffen mit dem Kind zu planen. Ein klassisches Verhaltensmuster bei emotionaler Abhängigkeit.
Es werden Treffen mit Freunden und Hobbies abgesagt, nur um sich Zeit für ein potenzielles Treffen mit den Kindern freizuhalten. Diese Art der Selbstaufgabe führt langfristig nicht zu Beziehungen auf Augenhöhe.
Freundschaft
Auch in Freundschaften kann ein emotionales Ungleichgewicht entstehen.
Vielleicht kennst du in Freundschaften ein Gefühl der Unsicherheit oder Eifersucht? Du fragst dich, warum deine beste Freundin oder dein bester Freund sich nicht meldet? Vielleicht bist du auch argwöhnisch wenn er oder sie neue Freundschaften schließt oder eine Liebesbeziehung eingeht und hast Angst, dass du dann das dritte Rad am Wagen bist?
Häufig investiert der emotional abhängige Part in einer Freundschaft mehr Kraft und Zeit darauf, gemeinsame Verabredungen zu planen.
Außerdem spielt auch im Kontext der Freundschaft “Verlustangst” eine große Rolle: Emotional abhängige Personen neigen eher dazu, die Liebe und Freundschaft grundlegend anzuzweifeln, wenn zum Beispiel die gemeinsamen Unternehmungen und Treffen weniger werden.
Fazit
Wir können emotionale Abhängigkeit als Spektrum verstehen.
Auf dem einen Ende des Spektrums befindet sich “Emotionale Abhängigkeit” und auf dem anderen Ende “Emotionale Unabhängigkeit”.
Emotionale Abhängigkeit zeichnet sich durch ein kräftezehrendes, emotionales Ungleichgewicht aus. Der emotional abhängige Part richtet sein Leben nach dem Partner oder der Partnerin aus und gibt sich am Ende selbst auf.
In Beziehungen voller emotionaler Unabhängigkeit wird Freiheit als Wert groß geschrieben. Manchmal zu groß.
Emotionale Unabhängigkeit bringt manchmal auch eine emotionale Kälte oder Distanz mit sich, welche sich im Extremfall darin äußert, dass Beziehungspartner:innen eine „lose“ Fernbeziehung (was nicht heißt, dass es keine gesunden Fernbeziehungen geben kann) führen oder nur noch sehr wenig Interessensüberschneidungen haben – und eher getrennte Leben voneinander führen.
Die gesündeste Form der Abhängigkeit in Beziehungen findet sich im mittleren Bereich des Spektrums: Interdepenz.
Eine Beziehung bedeutet Wechselwirkung. Und es ist völlig menschlich, dass dein Gemütszustand sich in Abhängigkeit von dem deines Partners verändert. Im Zustand der Interdependenz befindet sich deine Beziehung auf Augenhöhe.
Dein:e Partner:in und du versteht euch als Team und tragt die gemeinsame Verantwortung für eure Beziehung. Diese Art von Beziehung ist geprägt durch offene Kommunikation und vor allem aktives Zuhören.
Ein Verständnis für die Bedürfnisse des oder der Anderen ist unabdingbar für ein Miteinander, das durch gemeinsames Wachstum, Verständnis und echter Begegnung geprägt ist. Statt emotionaler Abhängigkeit ist eure Beziehung dann geprägt von gesunden Grenzen, Verständnis und Vertrauen.
Test: Bin ich emotional abhängig?
Bitte absolviere zunächst den Test und gleiche anschließend weiter unten deine erreichte Punktzahl ab.
Ergebnis
Hinweis: Absolviere zunächst den Test
0-6: Du bist nicht in ungesunder Weise von deinem Partner oder deiner Partnerin abhängig. Es ist völlig normal, dass du deinem Gegenüber Zugeständnisse in Beziehungen machst oder dir ein romantisches Bild von ihm oder ihr zeichnest. Jeder wird in Beziehungen an der ein oder anderen Stelle Themen wie Verlustangst, Selbstbestimmtheit und Grenzen setzen begegnen. Das bedeutet aber noch nicht, dass du emotional abhängig bist, sondern dass du deine Beziehung als Wachstumschance nutzen kannst und gemeinsam mit deinem Partner oder deiner Partnerin diese Themen angehen kannst.
7-13: Einige deiner Antworten sprechen dafür, dass du eine Form von emotionaler Abhängigkeit durchlebst. Es scheint, als würde dein Wohlergehen stark von deiner Beziehung und den Liebesbekundungen deines Partners oder deiner Partnerin abhängig sein. Um dein tiefes Bedürfnis, “geliebt zu werden”, zu stillen, rate ich dir, dich nicht an dein Gegenüber zu wenden, sondern in erster Linie an dich selbst: Finde (wieder) heraus, was dir wichtig ist in deinem Leben und pflege Kontakte und Freundschaften außerhalb deiner Liebesbeziehung. Lies dir gerne nochmal den Abschnitt “Wie löse ich mich von emotionaler Abhängigkeit?” dieses Beitrags durch und finde dort Inspiration.
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