Wenn du den Unterschied zwischen Coaching und Therapie kennst, kannst du das passende Angebot für dein Bedürfnis wählen.
30-Sekunden Zusammenfassung
- Der Hauptunterschied zwischen Coaching und Therapie ist die Behandlung von psychischen Krankheiten – diese wird nur von Psychotherapeut:innen durchgeführt.
- Eine Psychotherapie wird als Heilbehandlung von der Krankenkasse übernommen. Ein Coaching hingegen bezahlst du privat – oder dein Arbeitgeber.
- Sowohl Coaching als auch Psychotherapie streben eine nachhaltige Veränderung an – auf emotionaler, gedanklicher und Verhaltensebene.
- Die Art der Zielerreichung (Methodenvielfalt) ist im Coaching breiter als in der Psychotherapie.
- Hauptbereiche des Coachings sind Business-, Beziehungs- und Lifecoaching.
- Gegen ein Coaching und für eine Psychotherapie solltest du dich entscheiden, wenn du aufgrund deiner Belastung Schwierigkeiten hast, deinen Alltag zu meistern.
- Du hast den passenden Coach oder Therapeuten gefunden, wenn die “zwischenmenschliche Chemie” stimmt und du dich wohlfühlst.
Höre gerne auch die Podcast-Folge zum Beitrag:
Unterschiede: Coaching vs Psychotherapie
Was will ich im Leben? Warum komme ich nicht weiter? Diese Fragen hast du dir vielleicht auch schon einmal gestellt – und damit bist du nicht allein.
Wenn du dir professionelle Unterstützung für deinen nächsten Wachstumsschritt oder aufgrund persönlicher Probleme holen möchtest, stehst du womöglich vor der Frage: Ist ein Coaching oder eine Psychotherapie das Richtige für mich?
Was Coaching und Therapie gemeinsam haben: Das Hauptziel ist es, nachhaltige Veränderung auf
- Emotions-,
- Gedanken-
- und Verhaltensebene zu erreichen.
Je nach Inhalt und Schweregrad der Krise, ist entweder eine Psychotherapie oder ein Coaching angemessen.
Die wichtigsten Unterschiede zwischen Coaching und Psychotherapie findest du hier im Überblick.
Psychotherapeuten behandeln psychische Krankheiten
Der Hauptunterschied zwischen Coaching und Psychotherapie besteht darin, dass psychische Krankheiten nur von Psychotherapeut:innen behandelt werden – und nicht von Coaches.
Psychotherapeut:innen sind geschult darin, psychische Krankheiten zu erkennen: Oftmals verwenden sie Hilfsmittel wie standardisierte Fragebögen, um die Diagnose abzusichern.
Somit ist Psychotherapie ein Heilverfahren – und Coaching nicht.
Doch was ist überhaupt eine psychische Krankheit?
Ein Kriterium haben alle Diagnosen für psychische Krankheiten gemeinsam: Ein ausgeprägter Leidensdruck, der dazu führt, dass man den Alltag nicht wie gewohnt bewältigen kann.
Übrigens: Psychische Erkrankungen sind im sogenannten ICD definiert – einem international anerkannten System zur Klassifikation von Krankheiten.
Beispielsweise verspüren Menschen mit Depressionen häufig eine bodenlose Antriebslosigkeit: Sie haben Schwierigkeiten, die kleinsten Haushaltsaufgaben zu meistern – wie Wäsche waschen oder Einkaufen gehen.
Vergangenheits- vs. Zukunftsorientierung
Generell lässt sich beim Coaching im Vergleich zur Psychotherapie eine stärkere Gegenwarts- und Zukunftsorientierung feststellen.
Dabei kommt es allerdings stark auf das psychotherapeutische Verfahren an: In einer Psychoanalyse deckst du unbewusste Konflikte aus deiner Kindheit auf, während du in der Verhaltenstherapie den Fokus stärker auf die gedankliche Neuausrichtung im Hier und Jetzt legst.
Allgemein sind sich Psychologinnen einig: In der Psychotherapie beschäftigt man sich mit der eigenen Vergangenheit, um diese zu verstehen und letztendlich wie im Coaching bewusst Gegenwart und Zukunft zu gestalten.
Akkreditierung
Im Dschungel der verschiedenen Therapie- und Coachingangebote sollten vor allem psychisch kranke Menschen darauf achten, dass sie zu sogenannten psychologischen Psychotherapeut:innen in Behandlung gehen.
Diese haben sich nicht nur einem Psychologiestudium unterzogen, sondern auch der staatlichen Approbationsprüfung für Psychotherapeut:innen: Sie sind vom Staat als psychologische Psychotherapeut:innen akkreditiert.
Interessant: Staatlich nicht geprüfte Therapeut:innen dürfen sich nicht Psychotherapeut:in nennen. Das ist ein geschützter Begriff.
Anders verhält es sich bei alternativen Therapieangeboten oder Coaching-Angeboten: Die Angebote sind privat und unterliegen daher keinen staatlichen Gütekriterien.
Einfach gesagt: Jeder Mensch darf sich ohne weiteres Coach nennen. Aus diesem Grund ist es so wichtig, Coachingangebote und die Ausbildung eines Coaches im Vorfeld genau zu prüfen.
Interessent:innen sollten darauf achten, dass die privaten Therapeut:innen und Coaches gewisse Qualitätsstandards garantieren können.
Ist dem nicht so, empfiehlt es sich, das Ausbildungsinstitut genauer anzuschauen, bei dem die Therapeut:innen oder Coaches ausgebildet wurden.
Wissenswerte Informationen können sein:
- Studium
- Erlernter Beruf
- Art und Dauer der Ausbildung
- Anteil der Selbsterfahrung
- Reputation der Ausbilder:innen
- Supervision
Methoden
Das Psychotherapieangebot in Deutschland ist seit der Verabschiedung des Psychotherapeutengesetzes 1998 auf wenige Methoden – sogenannte Richtlinien-Verfahren – begrenzt:
- Verhaltenstherapie
- Systemische Therapie
- Tiefenpsychologisch fundierte Psychotherapie
- Analytische Psychotherapie (Psychoanalyse)
Das private Coaching-Angebot hingegen ist vielfältiger.
Seit der Verabschiedung des Psychotherapeutengesetzes mischen sich unter das Coachingangebot viele alternative psychotherapeutische Methoden, die im Gesetzentwurf nicht berücksichtigt wurden.
Diese therapeutischen Verfahren wie beispielsweise humanistische Therapieverfahren teilen sich seither einen Platz auf dem Coaching- und Beratungsmarkt mit herkömmlichen Coachingmethoden – abseits vom staatlichen Gesundheitssystem.
Die wichtigsten Coaching Bereiche sind:
- Life Coaching
- Beziehungscoaching
- Business Coaching
- Paarcoaching
- Männercoaching
Im Coaching gibt es eine große Methodenvielfalt. Hierzu zählen unter anderem:
- Systemisches Coaching
- Systemaufstellungen
- Gestalttherapie
- Klientenzentrierte Gesprächsführung
- Breathwork
- Mediation
- Agiles Coaching
- Design Thinking
- Emotional Freedom Technique
- Wingwave
- Neuro Linguistic Programming (NLP)
- Transaktionsanalyse
- Psychodrama
- Somatic Coaching
Unterschiede bei der Bezahlung
Die Kosten für eine psychotherapeutische Behandlung bei einem psychologischen Psychotherapeuten übernimmt die gesetzliche Krankenkasse.
Schließlich geht es hier um die Behandlung einer psychischen Krankheit nach internationalen Diagnosekriterien (ICD).
Staatlich nicht anerkannte Therapie- und Coachingangebote sind indes Privatleistungen: Du musst in die eigene Tasche greifen.
Interessant: Private Krankenkassen und Zusatzversicherungen übernehmen gegebenenfalls eine Psychotherapie bei Heilpraktiker:innen für Psychotherapie. Diese wenden auch alternative psychotherapeutische Methoden an, wodurch du mehr Auswahlmöglichkeiten in den Behandlungsmethoden hast.
Grundsätzlich gilt außerdem: Paarberatung oder Beratung in Erziehungsfragen (Elterncoaching) werden zwar häufig von psychologischen Psychotherapeut:innen angeboten, fallen aber nicht unter die Krankenkassenleistungen und sind immer privat zu zahlen.
Dienstleistungen
Praktische Rahmenbedingung für die Dienstleistungen Coaching oder Psychotherapie unterscheiden sich laut Studien in folgenden drei Punkten voneinander:
Dauer
Psychotherapie orientiert sich meistens an einer Standardsitzungsdauer von 50 Minuten.
Die Dauer einer Coaching-Sitzung dagegen wird individuell vereinbart und kann unter Umständen einen ganzen Tag in Anspruch nehmen.
Frequenz
Psychotherapie in Deutschland ist auf eine relativ hochfrequente, langfristige Zusammenarbeit von mindestens 12 aufeinander folgenden, wöchentlichen Sitzungen ausgelegt. Das Stundenkontingent variiert mit dem psychotherapeutischen Verfahren.
Die Zusammenarbeit mit einem Coach hingegen kann schon mit einer einzigen Sitzung beendet sein. In anderen Fällen kommt es zu einer mehrjährigen Zusammenarbeit – allerdings weniger häufig als eine Psychotherapie.
Ort
Psychotherapie findet meistens in den Praxisräumlichkeiten der Psychotherapeut:innen statt – es sind grundsätzlich auch Online Termine möglich.
Coaching ist im Ort flexibler: Sitzungen finden
- via Telefon,
- via Videotelefonie,
- in Bürogebäuden
- oder in Coaching-Räumlichkeiten statt.
Ausbildung
Die Dauer einer psychotherapeutischen Ausbildung erstreckt sich über mehrere Jahre und beinhaltet:
- Selbsterfahrungsseminare,
- regelmäßige Lehrtherapie
- und unverzichtbar auch professionelle Fallsupervision.
Letzteres ist eine Methode zur Verbesserung und Sicherung der Therapiequalität: Die Therapeut:innen setzen sich konstruktiv mit den Herausforderungen ihres beruflichen Alltags auseinander. Dabei werden sie von ausgebildeten psychologischen Supervisor:innen begleitet.
Coaching-Ausbildungen dagegen sind laut Expert:innen wesentlich kürzer: Sie können schon innerhalb von 12 Monaten abgeschlossen werden.
Außerdem geht es primär um die Vermittlung von Coachingmethoden wie Fragetechniken oder Gesprächsführungskompetenzen und weniger um die eigene Selbsterfahrung.
Supervision nimmt immer mehr Einzug in die “best practice” von Coaches – nicht zuletzt weil viele Psycholog:innen sich als Coaches selbstständig machen und die Qualitätsstandards aus der Psychotherapie mitbringen.
Interessant: Gerade im Bereich Business Coaching bringen Coaches meist als ehemalige Führungskräfte eine Menge Expertenwissen mit – ein wichtiges Kompetenzmerkmal neben der Coachingausbildung.
Brauche ich einen Coach oder einen Psychotherapeuten?
Wenn du Schwierigkeiten hast, deinen normalen Alltag zu bewältigen, ist das ein Hinweis dafür, dass du bei einem Psychotherapeut besser aufgehoben bist.
Beispielsweise, wenn du dich mit übermäßigen Sorgen, extremen Stimmungsschwankungen oder sogar Ess- oder Alkoholsucht konfrontiert siehst.
Wichtig: Jeder 3. Mensch erkrankt laut Forschung im Laufe seines Lebens einmal an einer psychischen Krankheit. Diese Faktenlage ist hilfreiches Wissen, um mögliche Stigmatisierungen rund um Psychotherapie zu überwinden.
Im Zweifelsfall solltest du diese Entscheidung mit einem Psychotherapeut oder einer Psychotherapeutin im Rahmen eines Erstgespräches besprechen. In Deutschland kannst du kostenlos ein Erstgespräch in deiner Nähe unter der Hotline des Patientenservices – die Nummer ist die 116117.
Ist der Alltag noch nicht eingeschränkt, ist Coaching das Mittel der Wahl: Beispielsweise entdeckst du mit einem Coach neue Perspektiven auf scheinbar aussichtslose Situationen.
Dein Coach leistet Hilfe zur Selbsthilfe: Er begleitet dich lösungsorientiert bei deinem nächsten Entwicklungsschritt.
Was du in einem Coaching erreichen kannst:
- Du eroberst dir deine Ressourcen zurück
- Du transformierst Glaubenssätze
- Du setzt dir realistische Ziele
- Du kommst in die Umsetzung
Den richtigen Therapeuten finden
Bevor du dich nach einem passenden Therapeuten oder einer passenden Therapeutin umschaust, wähle zwischen vier psychotherapeutischen Verfahren:
- Verhaltenstherapie
- Systemische Therapie
- Tiefenpsychologisch fundierte Psychotherapie
- Analytische Psychotherapie (Psychoanalyse)
Um herauszufinden, welches Psychotherapieverfahren für dich das richtige ist, vereinbare kostenlos ein Erstgespräch mit einem Psychotherapeut oder einer Psychotherapeutin in deiner Nähe unter der Hotline des deutschlandweiten Patientenservice 116117.
Hast du dir eine professionelle Meinung eingeholt, kannst du auf Therapeut:innensuche gehen. Folgende Checkliste für Therapeut:innen hilft dir im Entscheidungsprozess:
- Zeitnahes Erstgespräch
- Freier Therapieplatz
- Passendes psychotherapeutisches Verfahren
- Sympathie stimmt
- Nähe zu deinem Wohnort
Psychotherapiepraxen in deiner Nähe findest du auf der Homepage des Patientenservice.
Du kannst dich telefonisch nach freien Therapieplätzen bei den Praxen erkundigen.
Alternativ kannst du je nach Bundesland auf den Vermittlungsservice für freie Therapieplätze der Kassenärztlichen Vereinigungen zurückgreifen.
Beispielsweise gibt es in Baden Württemberg eine Servicehotline MedCall, die dir einen freien Therapieplatz in deinem gewünschten psychotherapeutischen Verfahren vermittelt.
Den richtigen Coach finden
Wenn du auf der Suche nach dem perfekten Coach bist, ist die Auswahl oft überwältigend.
Der Coaching-Markt platzt vor Angeboten und ohne Orientierung wird es schwierig, die Spreu vom Weizen zu trennen.
Höre dir jetzt die passende Podcastfolge zum Thema an:
Um den richtigen Coach für dich zu finden, solltest du zunächst herausfinden, welches Problem du lösen möchtest.
Probleme manifestieren sich laut Expert:innen auf folgenden vier Ebenen:
- individuelle, persönliche Ebene,
- zwischenmenschliche Ebene,
- institutionelle Ebene,
- gesellschaftliche Ebene.
Wenn du dich beispielsweise in einer Beziehungskrise befindest, zeigt sich dein Problem auf zwischenmenschlicher Ebene. In diesem Fall könnten dein:e Partner:in und du euch gemeinsam an einen Paar- oder Beziehungscoach wenden.
Wenn dir klar ist, in welchem Lebensbereich du Unterstützung benötigst, kannst du in einem zweiten Schritt folgende Checkliste für gute Coaches beachten:
- Fundierte Ausbildung
- Selbstreflexion
- Vertrauensvolles Verhältnis
- Kostenlose Minikurse, Webinare oder Challenges als Arbeitsproben
- Referenzen und Bewertungen
- Kostenfreies Vorgespräch
Vielen Dank für diese sehr hilfreiche Beschreibung Coach vs. Psychtherapeut. Es hat mich weitergebracht und mir aufgezeigt das Psychtherapie zunächst für mich das richtigere ist.
VG Bine