Bindungstheorie: So prägen frühe Beziehungen dein ganzes Leben

von | Stand: 15. März 2025

Laut Bindungstheorie beginnt Bindung nicht in der Partnerschaft – sondern in der Kindheit.

30-Sekunden Zusammenfassung

  • Die Bindungstheorie von John Bowlby beschreibt, wie frühe Beziehungserfahrungen die emotionale und soziale Entwicklung prägen.
  • Mary Ainsworth beobachtet folgende vier Bindungstypen bei Kindern: Sicher, unsicher-vermeidend, unsicher-ambivalent und desorganisiert.
  • Elterliche Feinfühligkeit ist der Hauptfaktor für den Aufbau einer sicheren Bindung des Kindes.
  • Bindungsmuster sind relativ stabil über die Zeit – allerdings können bedeutsame Beziehungserfahrungen oder Trennung, Tod, Krankheit über das Kleinkindalter hinaus zu Veränderung im Bindungstyp führen.
  • Zwei sicher gebundene Erwachsene führen besonders häufig stabile und glückliche Beziehungen.
  • Am meisten Konfliktpotential bietet die Partnerschaft eines unsicher-ambivalenten mit einem unsicher-vermeidenden Bindungstyp.

Geschichte der Bindungstheorie

Stell dir vor, du wächst in einem wohlhabenden Haushalt Anfang des letzten Jahrhunderts in England auf, in dem du deine Mutter nur zu festgelegten Zeiten siehst. Die meiste Zeit wirst du von Angestellten betreut. So (oder so ähnlich) sah die Kindheit von John Bowlby aus, dem Mann, der später die Bindungstheorie revolutionieren sollte.

Besonders prägend war für ihn laut Psychologe und Autor Brisch die frühe Trennung von seinem Kindermädchen im Alter von drei Jahren, zu dem er eine enge emotionale Beziehung aufgebaut hatte.

War es vielleicht gerade seine eigene Erfahrung von Trennung und Verlust, die ihn dazu brachte, sich mit der Frage zu beschäftigen, wie frühe Beziehungen unsere Psyche formen?

John Bowlby (1907–1990) begann seine akademische Laufbahn zunächst in der Medizin – eine offensichtliche Wahl, schließlich war sein Vater ein angesehener Chirurg. 

Doch anstatt den konventionellen Weg weiterzugehen, gab es einen unerwarteten Bruch im Lebenslauf: Er unterbrach sein Studium und arbeitete ganze zwei Jahre lang mit Kindern und Jugendlichen, die mit sozialem Fehlverhalten auffielen.

Warum? Bowlby wollte als Bindungstheoretiker verstehen, warum einige Kinder emotionale Sicherheit entwickeln, während andere unter Angst und Unsicherheit leiden.

Nach Studienabschluss baute er eine Abteilung für Kinderpsychotherapie an der renommierten Tavistock Clinic auf. Dort versammelte er eine Gruppe engagierter Forscher:innen um sich, darunter Sozialarbeiter James Robertson und Psychologin Mary Ainsworth, die später mit dem „Fremde-Situations-Test“ entscheidende Beiträge zur Bindungstheorie leisten sollte.

Gemeinsam zeigten sie, dass unsere frühesten Bindungserfahrungen die Blaupause für unsere späteren Beziehungen bilden – ob in Freundschaften, Partnerschaften oder sogar im Arbeitsleben.

Was ist die Bindungstheorie?

Die Bindungstheorie beschreibt, wie die ersten Beziehungserfahrungen eines Kindes seine emotionale Entwicklung und späteres Sozialverhalten prägen. 

Sie gehört damit zu den entwicklungspsychologischen Theorien.

Im Zentrum steht das “Bindungssystem” eines Kindes, das John Bowlby als ein genetisch verankertes, motivationales System beschreibt. 

Was bedeutet das? Kleinkinder haben ein angeborenes Bedürfnis nach Nähe und Sicherheit zu engen Bezugspersonen. Bleibt diese Nähe aus, wird das Bindungssystem aktiviert.

In anderen Worten: Wenn das Bindungssystem aktiviert ist, steuert es das Verhalten des Kindes, bis grundlegende Bedürfnisse wie Schutz, Sicherheit und Geborgenheit wieder erfüllt sind.

Folgende Verhaltensweisen zeigt das Kind dann beispielsweise, um die Bezugsperson auf sich aufmerksam zu machen:

  • Blickkontakt zur Bindungsperson,
  • Nachfolgen
  • oder Herstellen von Körperkontakt.

Doch in welchen Situationen wird das Bindungssystem des Kindes aktiviert?

In der Forschung werden die Reaktionen von Kleinkindern auf eben solche Situationen erforscht:

  • Die Trennung von der primären Bezugsperson,
  • unbekannte Situationen,
  • die Anwesenheit von bedrohlich wahrgenommenen Fremden.

Das Bedürfnis nach Sicherheit und Geborgenheit wird maßgeblich durch die Bindung zur primären (wichtigsten) Bezugsperson gestillt.

Diese muss nicht zwangsläufig die Mutter des Kindes sein – auch der Vater, die Großeltern oder andere Betreuungspersonen können diese Rolle übernehmen.

Laut Bowlby folgt das Kind dabei einer Hierarchie der Bindungspersonen: In stressigen oder bedrohlichen Situationen sucht es bevorzugt die Person auf, die ihm die größte emotionale Sicherheit bietet (= primäre Bezugsperson).

Wissenschaftliche Forschung

Insbesondere die entwicklungspsychologischen Forschungsarbeiten von Mary Ainsworth und John Bowlby haben grundlegende Erkenntnisse darüber geliefert, wie frühe Bindungserfahrungen das Verhalten und die sozialen Beziehungen im späteren Leben beeinflussen.

Zwei wegweisende Studien in diesem Bereich sind folgende:

  • „Strange Situation“-Studie von Ainsworth
  • Untersuchungen zur „Maternal Deprivation“ von Bowlby

Beide liefern wertvolle Einblicke in die Bedeutung sicherer Bindungen für die psychische Entwicklung von Kindern.

Die berühmte “Strange Situation” Studie

Stell dir vor, du beobachtest ein Kleinkind, das in einem fremden Raum voller Spielsachen sitzt. Seine Mutter und eine fremde Aufsichtsperson sind dabei, aber dann verlässt die Mutter den Raum.

  • Wie reagiert das Kind, wenn die Mutter den Raum verlässt?
  • Wie reagiert das Kind auf die Rückkehr der Mutter?

Genau diese Fragen standen im Mittelpunkt der „Strange Situation“-Studie, die von der Psychologin Mary Ainsworth in den 1970er-Jahren entwickelt wurde, um die Bindungsqualität von Kleinkindern zu ihren Bezugspersonen zu untersuchen.

Im Experiment wird durch die „fremde Situation“ (strange situation) gezielt das Bindungssystem des Kindes aktiviert – also jenes System, das für Sicherheit und Nähe sorgt. Die Art und Weise, wie das Kind auf die Trennung und die Rückkehr reagiert, gibt entscheidende Hinweise auf seine Bindungsqualität.

Basierend auf den Verhaltensbeobachtungen wurden vier verschiedene Bindungstypen identifiziert – ein sicherer und drei unsichere Typen:

  • Sicher gebundene Kinder zeigen zwar Stress, wenn die Mutter geht, lassen sich aber nach ihrer Rückkehr schnell beruhigen und setzen ihr Spiel fort. Sie vertrauen darauf, dass ihre Bezugsperson verlässlich für sie da ist.
  • Unsicher-vermeidende Kinder wirken unbeteiligt, zeigen wenig emotionale Reaktion auf die Trennung und meiden den Kontakt zur Mutter bei der Wiedervereinigung. Ihr Verhalten deutet darauf hin, dass sie gelernt haben, ihre Gefühle nicht offen zu zeigen.
  • Unsicher-ambivalente Kinder sind stark beunruhigt, wenn die Mutter den Raum verlässt, lassen sich aber auch nach ihrer Rückkehr schwer beruhigen. Sie suchen Nähe, zeigen aber gleichzeitig Ärger oder Zurückhaltung.
  • Desorganisiert gebundene Kinder reagieren widersprüchlich oder sogar erstarrt. Sie scheinen nicht zu wissen, wie sie mit der Situation umgehen sollen, was oft auf belastete Bindungserfahrungen hinweist.

In Längsschnittstudien wurden Kleinkinder aus der Strange-Situation Studie 20 Jahre später als erwachsene Personen zu ihren Bindungsstilen befragt. Es konnte gezeigt werden, dass frühe Bindungserfahrungen langfristige Auswirkungen auf unsere späteren Beziehungen haben.

Kurz gesagt: Individuelle Unterschiede in Bindungstypen sind relativ stabil über die Zeit.

Die “Maternal Deprivation” Studien

Bowlbys „Maternal Deprivation“ Studien aus den 50er Jahren besagen, dass eine frühe Trennung von der Mutter gravierende Auswirkung auf die Entwicklung eines Kindes hat.

Er dokumentierte die seelische Verfassung und Entwicklung von Waisenkindern und Heimkindern, die früh von ihren Eltern getrennt wurden.

Die Ergebnisse der Maternal Deprivation Studien fasste Bowlby 1951 in einem von der WHO in Auftrag gegebenen Bericht in seiner Schrift „Maternal Care and Mental Health“ zusammen:

  • Risiko für Entwicklungsstörung: Die Abwesenheit einer stabilen “Mutterfigur” in der frühen Kindheit gefährde die emotionale Entwicklung eines Kindes, was zu dauerhaften psychischen und physischen Entwicklungsstörungen führe.
  • Von Bindungslosigkeit zu Kriminalität: Er bildete außerdem die Hypothese, dass die frühe Trennung von der Mutter oder wechselnde Pflegeeltern eine hohe Vorhersagekraft für kriminelles Verhalten im Jugend- und Erwachsenenalter hätten.

Kritikpunkte an Bowlbys Forschung waren der fehlende Einbezug der Vaterrolle und die Vernachlässigung genetischer Faktoren.

Nichtsdestotrotz hatten die Maternal Deprivation Studien weitreichende Folgen für die Kinderbetreuung, Pflegefamilien und die Krankenhauspolitik, indem sie die Bedeutung einer konstanten Bezugsperson betonten.

Die Phasen von Bindung

Bindung beginnt nicht erst mit den Worten „Mama“ oder „Papa“ – sie entsteht von der ersten Sekunde an.

Bindungstheorie_4 Phasen von Bindung

John Bowlby beschreibt im Rahmen seiner Bindungstheorie vier Phasen, wie Kleinkinder Schritt für Schritt eine Beziehung zu ihren Bezugspersonen aufbauen.

1.    Phase (0-3 Monate): Offen für alle

Neugeborene sind von Natur aus auf Kontakt programmiert: Ein Lächeln gilt jedem, ein Weinen ist im Allgemeinen ein Hilferuf. Sie reagieren auf Berührungen, Stimme – aber noch ohne klare Vorlieben für bestimmte Personen.

2.    Phase (3-6 Monate): Fokus auf vertraute Personen

Babys beginnen, zwischen bekannten und fremden Gesichter zu unterscheiden: Sie zeigen „soziales Lächeln“, beispielsweise lächeln sie gezielt engen Bezugspersonen zu. Bei ihnen fühlen sie sich besonders sicher.

3.    Phase (6 Monate – 2 Jahre): Starke Bindung zu primären Bezugspersonen

In dieser Phase nimmt die Beziehung zu den Eltern einen hohen Stellenwert ein: Kinder suchen stark die Nähe der engen Bezugspersonen oder protestieren beispielsweise, wenn diese den Raum verlassen.

4.    Phase (ab 2, 3 Jahren): Freundschaften

Freundschaften gewinnen an Bedeutung – die Kinder verstehen langsam, dass „Mama und Papa“ auch für sie da sein werden, wenn sie nicht direkt in Sichtweite sind.

Welche Faktoren beeinflussen Bindung?

Fühlst du dich in Beziehungen sicher und geborgen oder hast du eher mit Unsicherheiten zu kämpfen? Deine Fähigkeit, enge Bindungen zu knüpfen, entwickelt sich nicht zufällig – sie wird von vielen Faktoren beeinflusst.

Von der Art und Weise, wie deine Eltern auf deine kindlichen Bedürfnisse eingegangen sind, über den Erziehungsstil bis hin zu tief verankerten inneren Überzeugungen über Beziehungen – all das spielt eine entscheidende Rolle.

Auch äußere Umstände wie belastende Lebensereignisse (Trennung, Tod, Krankheit) oder die Qualität der Kinderbetreuung zum Beispiel in der Kita können Bindung stärken oder erschüttern.

Elterliche Feinfühligkeit

Eine sichere Bindung entwickelt sich, wenn das Grundbedürfnis nach Bindung – also Geborgenheit, Schutz und Sicherheit – von der primären Bezugsperson zuverlässig erfüllt wird.

In anderen Worten: Entscheidend ist, wie die Bezugsperson auf die Bedürfnisse des Kindes eingeht.

Bindungstheorie_Elterliche Feinfühligkeit

Dabei kommt es darauf an, ob diese:

  1. Wahrgenommen (z.B. Weinen, Blickkontakt),
  2. richtig interpretiert (z.B. als Suche nach Nähe)
  3. und zeitnah befriedigt werden.

Das steht und fällt mit der Feinfühligkeit (Empathie) der Eltern oder anderen Bezugspersonen.

Werden die Bedürfnisse eines Kindes unzureichend oder inkonsistent („launisch“) beantwortet, entwickelt sich eher eine unsichere Bindung.

Studien zeigen, dass emotionale Vernachlässigung zu unsicherer Bindung führt.

Inneres Arbeitsmodell: Deine Beziehungslandkarte

Ein entscheidender bindungsbeeinflussender Faktor ist das, was Bowlby als „inneres Arbeitsmodell“ bezeichnete – eine Art innere Landkarte für Beziehungen.

Diese entwickelt sich im ersten Lebensjahr durch wiederholte Erfahrungen mit der wichtigsten Bezugsperson.

Wenn ein Baby Trost sucht, weint und darauf zuverlässig beruhigt wird, speichert es diese Erfahrung ab: „Wenn ich Hilfe brauche, ist jemand für mich da.“

Diese innere Landkarte hilft dem Kind, vorherzusagen, wie seine Bezugsperson in stressigen Situationen reagieren wird.

Mit der Zeit wird dieses anfangs flexible Modell immer stabiler (es wird fester Teil der Psyche) und prägt das Vertrauen in enge Beziehungen langfristig – nicht nur zu den Eltern, sondern später auch zu Freund:innen und Partner:innen.

Wichtig: Durch bedeutungsvolle Bindungserfahrungen, einschneidende Verluste oder Traumata kann die innere Beziehungslandkarte auch im Laufe des Lebens noch in Richtung einer sicheren oder unsicheren Bindung verändert werden. Mit zunehmendem Alter wird dies jedoch schwieriger.

Helikopter-Eltern

Eine sichere Bindung gibt einem Kind den Mut, die Welt zu entdecken. Es weiß: Wenn etwas schiefgeht, kann es jederzeit zurück in den „sicheren Hafen“ seiner Eltern.

Doch was passiert, wenn Eltern ihrem Kind diesen Freiraum nicht lassen?

Du hast bestimmt schon einmal von sogenannten Helikopter-Eltern gehört? Sie kreisen ständig um ihr eigenes Kind, wie ein Helikopter, der nie landet – obwohl das Kind keine Anzeichen von Stress oder Angst zeigt.

Helikopter-Eltern wollen ihr Kind vor jeglicher Gefahr schützen oder haben selbst Angst, loszulassen.

Überbehütung wirkt sich auf die Bindung wie folgt aus:

  • Statt Geborgenheit zu vermitteln, kann zu viel Kontrolle Stress auslösen – genau das Gegenteil von sicherer Bindung.
  • Das Kind lernt: „Die Welt ist gefährlich, ich sollte lieber nicht zu viel ausprobieren.“ Wer zu viel festhält, nimmt dem Kind die Chance, (Selbst-) Vertrauen zu entwickeln.

Kurz gesagt: Kinder brauchen Nähe, aber auch Freiheit.

Eine gesunde Bindung bedeutet, das Kind selbst entscheiden zu lassen, wann es Nähe sucht und wann es auf Entdeckungstour gehen möchte.

Kritische Lebensereignisse: Wenn das Leben Bindung erschüttert

Nicht immer sind es die Eltern selbst, die eine unsichere Bindung begünstigen – manchmal sind es laut Längsschnittstudien äußere Umstände, die die Beziehungslandkarte eines Kindes zeichnen:

  • Scheidung,
  • Umzüge,
  • Krankheit,
  • Gewalterfahrung,
  • oder der Tod eines Elternteils oder Geschwisters.

Ein Kind, das ursprünglich sicher gebunden war, kann durch solche sogenannten kritischen Lebensereignisse in eine unsichere Bindung abrutschen.

Die Idee dahinter: Wenn die Bezugspersonen in diesen Situationen selbst mit Trauer oder Stress kämpfen und das Kind weniger emotional auffangen können, erlebt es einen Mangel an Sicherheit.

Dadurch kann das Vertrauen in enge Beziehungen erschüttert werden.

Die gute Nachricht: Eine stabile und feinfühlige Bezugsperson kann auch nach Krisen wieder Sicherheit vermitteln. Wichtig ist, dass Kinder die Möglichkeit haben, ihre Gefühle auszudrücken und durch verlässliche Zuwendung Stabilität zurückzugewinnen.

Fremdbetreuung: Die Bedeutung von Stabilität und Feinfühligkeit

Viele Kinder verbringen heute schon früh viel Zeit in der Kita oder bei einer Tagesmutter. Vielleicht erinnerst du dich selbst noch an deine Betreuerin im Kindergarten oder an deine Tagesmutter?

Das muss nicht zwangsläufig schlecht für die Bindungsentwicklung sein – es kommt darauf an, wie die Betreuung gestaltet wird.

Drei Faktoren können laut aktueller Studienlage das Risiko für eine unsichere Bindung erhöhen:

Ein Kind braucht eine stabile, verlässliche Bezugsperson, die seine Signale versteht und angemessen darauf reagiert – auch in der Fremdbetreuung (Erzieher:innen, Tagesmutter).

Eine positive Nachricht: Wenn Eltern eine enge Bindung zu ihrem Kind aufbauen und es sich sicher bei ihnen fühlt, kann es auch in einer Fremdbetreuung gut zurechtkommen. Es ist nicht die Betreuung an sich, sondern die Qualität der Beziehung, die zählt.

Welche Bindungstypen gibt es?

Die Bindungstheorie beschreibt vier grundlegende Bindungstypen bei Kindern, die sich in ihrer Beziehung zu ihren primären Bezugspersonen unterscheiden.

Diese frühen Bindungserfahrungen haben einen erheblichen Einfluss auf die soziale und emotionale Entwicklung des Kindes.

  1. Sichere Bindung: Sicher gebundene Kinder haben Bezugspersonen, die zuverlässig auf ihre Bedürfnisse reagieren. Dadurch entwickeln sie ein grundlegendes Vertrauen in ihre Umwelt – und sich selbst. Sie zeigen zwar bei einer Trennung von Mama oder Papa Stress, lassen sich jedoch nach deren Rückkehr schnell beruhigen und suchen aktiv Trost.
  1. Unsicher-vermeidende Bindung (umgangssprachlich auch Bindungsangst genannt): Kinder mit diesem Bindungstyp haben erfahren, dass ihre Bezugspersonen wenig auf ihre emotionalen Bedürfnisse eingehen. Um sich selbst zu schützen, unterdrücken sie ihre Gefühle und vermeiden es, Nähe zu suchen. Sie zeigen oft wenig Reaktion auf Trennung und Wiedervereinigung, wirken nach außen hin unabhängig, obwohl sie innerlich Stress empfinden.
  1. Unsicher-ambivalente Bindung (umgangssprachlich auch Verlustangst genannt): Sind die Reaktionen der Bezugsperson inkonsistent – manchmal liebevoll, manchmal abweisend –, entwickelt das Kind eine unsicher-ambivalente Bindung. Kinder zeigen starke Angst vor Trennung und verhalten sich uneindeutig: Sie suchen Nähe, reagieren aber gleichzeitig ärgerlich oder schwer tröstbar, wenn sie wieder mit der Bezugsperson vereint sind.
  1. Desorganisierte Bindung: Kinder mit einer desorganisierten Bindung zeigen „verwirrte“ Verhaltensweisen gegenüber ihrer Bezugsperson. Dieser Bindungstyp tritt vor allem auf, wenn Mutter oder Vater selbst eine Quelle von Angst oder Unsicherheit sind – beispielsweise durch Traumatisierung. Die Kinder können sowohl Nähe suchen als auch gleichzeitig Angst vor der Bezugsperson haben.

Diese Bindungsmuster sind nicht starr, sondern können sich durch neue, starke  Beziehungserfahrungen laut Psycholog:innen im Laufe des Lebens verändern.

Wie prägen uns Kindheitserfahrungen im Alter?

Vielleicht hast du dich schon einmal gefragt, warum du in Beziehungen immer wieder auf dieselben emotionalen Herausforderungen triffst. Warum du dich manchmal zu sehr an andere klammerst oder im Gegenteil Schwierigkeiten hast, emotionale Nähe zuzulassen.

Forscher:innen sind sich einig: Oft liegt die Antwort tief in unserer Vergangenheit verborgen – in unseren frühesten Bindungserfahrungen.

Frühe Bindungserfahrungen wirken sich auf mehreren Ebenen auf unser Erwachsenenleben aus: Psychische Gesundheit, Persönlichkeit und Beziehungen.

Die Kindheit hinterlässt Spuren: Psychische Gesundheit

Wie tief die Spuren der frühen Bindungserfahrungen sein können, wird deutlich, wenn man als Erwachsener sogenannte „Grundannahmen“ (Glaubenssätze) über sich selbst oder die Welt aufdeckt.

Ängstliche Bindungstypen haben laut Studien meist selbstwertschädigende Glaubenssätze wie „Ich bin nicht genug“ verinnerlicht, welche sie anfälliger für psychische Krankheiten wie beispielsweise Depressionen machen.

Bindungstheorie_Bindungstypen

Wie Bindung unsere Persönlichkeit formt

Sogar deine Persönlichkeit wird von deinen frühen Bindungserfahrungen geprägt.

Sie beschreibt deine Vorlieben, Eigenheiten und die Art, wie du auf Menschen zugehst:

  • Bist du eher zurückhaltend oder offen und kontaktfreudig?
  • Eher organisiert und zielstrebig oder impulsiv und unstrukturiert?

Laut Studien geht ein sicherer Bindungsstil in der Kindheit mit Persönlichkeitseigenschaften wie

  • Gewissenhaftigkeit,
  • Einfühlungsvermögen
  • und Emotionaler Stabilität

im Erwachsenenalter einher.

Genau gegenläufig zeigt sich der Zusammenhang von unsicheren Bindungstypen mit der Persönlichkeit.

Bindungstyp als Schlüssel zu glücklichen Beziehungen

Kinder mit einer sicheren Bindung werden es im Erwachsenenalter leichter haben, zwischenmenschliche Beziehungen zu pflegen: Sie neigen laut Forschung dazu, soziale Signale “positiv” zu interpretieren: Sie gehen daher kontaktfreudiger durchs Leben.

Ängstliche Bindungstypen schotten sich generell vom Gegenüber ab, zeigen emotionale Kälte – oder interpretieren Informationen eher negativ.

Das ist ein typischer Fall des „Bestätigungsfehlers“: Menschen suchen immer nach Informationen, die ihre bisherige Sicht auf die Welt (oder Beziehungserfahrung) bestätigen. Dabei werden mögliche positive Interpretationen ausgeblendet.

Außerdem neigen ängstliche Bindungstypen dazu, mehr negative Emotionen in Partnerschaftskonflikten zu erleben und greifen eher auf dysfunktionale Konfliktlösungsstrategien zurück.

Test: Welcher Bindungstyp bin ich?

Absolviere den kostenfreien, ausführlichen und individuellen Test, um deinen Beziehungstyp zu ermitteln. Die Testdauer beträgt ungefähr 7 Minuten. Lerne deinen Beziehungstypen beziehungsweise Bindungstypen kennen, um glücklichere Beziehungen zu führen und den richtigen oder die richtige Partner:in zu finden.

Befindest du dich aktuell in einer Partnerschaft, könnt ihr den Test gemeinsam absolvieren – aber unabhängig voneinander. Am Ende könnt ihr eure Ergebnisse miteinander vergleichen und mehr über euch lernen.

Bitte hinterlasse hier deinen Vornamen und deine E-Mail-Adresse, damit ich dir den Test und anschließend das Testergebnis zukommen lassen kann.

FAQ

Was besagt die Bindungstheorie (kurz erklärt)?

Die Bindungstheorie erklärt, wie frühe Beziehungserfahrungen die emotionale Entwicklung und das Sozialverhalten prägen.

Der Begründer der Theorie, John Bowlby stellte fest, dass das Bedürfnis nach Nähe und Sicherheit biologisch verankert ist. In stressigen Situationen sucht das Kind Schutz bei seiner Bezugsperson.

Wird dieses Bedürfnis feinfühlig beantwortet, entsteht eine sichere Bindung – die Grundlage für spätere Beziehungen in Freundschaft, Partnerschaft und Beruf.

Welche Bindungstypen passen zusammen?

Laut Wissenschaft haben sicher gebundene Partner:innen die besten Chancen auf eine stabile, erfüllende Beziehung – besonders mit einem ebenfalls sicher gebundenen Gegenüber.

Die Kombination aus folgenden Beziehungstypen birgt hingegen das größte Konfliktpotential: Unsicher-ambivalente Menschen (die Nähe suchen, aber Angst vor Zurückweisung haben) fühlen sich oft zu unsicher-vermeidenden Partnern hingezogen (die Nähe als einengend empfinden). Diese Dynamik bestätigt die Ängste beider: Es kommt zum “Nähe-Distanz-Problem”.

Der desorganisierte Bindungstyp, der Nähe und Distanz gleichzeitig fürchtet, hat es oft besonders schwer in Beziehungen. Hier ist persönliche Weiterentwicklung wie ein Beziehungscoaching oder Psychotherapie essentiell, um sich aus destruktiven Mustern zu lösen.

Welche Bindungstypen gibt es?

Es gibt den sicheren, den unsicher-vermeidenden (bindungsängstlichen), den unsicher-ambivalenten (verlustängstlichen) und den desorientierten Bindungstyp.

Über den Autor

Über den Autor

Chris Bloom ist Systemischer Therapeut, Autor, Podcaster und Speaker. Nach einem Studium der Gesundheits­ökonomie (M.Sc.) arbeitete Chris im Gesundheits­bereich. Seit 2017 ist Chris als Coach tätig und hat sich auf die Themen Selbstvertrauen, Selbstliebe und Selbstkenntnis spezialisiert.

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Chris Bloom

Ich bin Chris Bloom – Systemischer Therapeut, Gesundheitsökonom (M. Sc.), Autor, Podcaster, Speaker und Coach. Unsere Gedanken und die richtige innere Haltung empowern uns, unser Leben nach unseren Wünschen zu kreieren. Das Fundament hierfür bilden die drei Säulen: Selbstvertrauen, Selbstliebe und Selbstkenntnis. Diese sind für uns individuell erlernbar – wie das Einmaleins in der Schule. Ich helfe dir dabei, dieses Fundament zu schaffen – damit du das Leben leben kannst, das du dir wünscht. Infos zu meiner Vita und Vision: Wer ist Chris Bloom?

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